Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?
Was müsste denn in den kommenden drei bis fünf Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern, wenn man auf das 2-Grad-Ziel und die damit verbundene CO₂-Reduzierung schaut?
Bei der Stromwende in eine neue Energiewelt sind wir auf einem guten Weg. Mit dem Ausschreibungsmodell für erneuerbare Energien wurde – auch auf den Vorschlag des VKU hin – ein Modell eingeführt, das die Vergütung für erneuerbaren Strom wettbewerblich bestimmt. Nun gilt es, den neuen Ausbaupfad von 65 Prozent in Einklang mit Netzausbau und der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger voranzubringen.
Zudem braucht die Energiewirtschaft einen klaren und verlässlichen Rahmen, damit sie den konventionellen Kraftwerkspark umbauen kann. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ist eine Chance, Klimaschutz und Versorgungssicherheit in einem gemeinsamen Konzept zu verbinden und die notwendigen Maßnahmen zu erhalten. Wichtig ist, dass alle betroffenen Akteure aus Ländern, Kommunen und Stadtwerken, Unternehmen und Gewerkschaften sowie Zivilgesellschaft beteiligt werden. Zu Recht würdigt die Koalition die Rolle der Stadtwerke bei der Transformation unseres Energiesystems.
Eine große Herausforderung ist die Wärmewende. Begrüßenswert ist deshalb, dass der Klimaschutztechnologie Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und den damit verbundenen Wärmeinfrastrukturen eine zentrale Rolle in der neuen Energiewelt zugewiesen wird. Mit dem konsequenten Ausbau der Wärmeinfrastrukturen schaffen Stadtwerke die Voraussetzungen für die Wärmewende, insbesondere in den Bestandsgebäuden der urbanen Ballungsräume.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Gasinfrastruktur. Sie ermöglicht heute schon klimaschonende Lösungen im Gebäude- und Verkehrsbereich und kann zukünftig vermehrt grünes Gas aufnehmen. Sie ist damit eine wichtige Infrastruktur für den Transformationsprozess.
Die aktuellen Veröffentlichungen zur Reduktion der Treibhausgase in Deutschland zeigen sehr eindrücklich, in welchen Sektoren noch Nachholbedarf besteht. Während die Emissionen der Energiewirtschaft um 4,1 Prozent gesunken sind, stiegen die Emissionen in Verkehr und Industrie.
Der Verkehrssektor sollte eine stärkere Verantwortung übernehmen. Zwar sind die einzelnen Fahrzeuge effizienter geworden, aber im Ergebnis nicht sparsamer. Der Trend zu größeren Fahrzeugen mit höherer Motorisierung hebt den Effizienzvorteil auf. Außerdem steigen neben den Fahrzeugkilometern für den Transportsektor auch die Pendlerzahlen seit Jahren kontinuierlich an. Da die Verkehrsleistung nach Auffassung vieler Experten insgesamt weiter zunehmen wird, muss – neben anderen Maßnahmen – vor allem die Energieversorgung des Verkehrs konsequent auf CO2– arme und -freie Quellen umgestellt werden.
Die Reform der Entgelte und Umlagen wird sicherlich auch in dieser Legislaturperiode stärker in die Diskussion rücken. Das zeichnet sich spürbar ab. Derzeit ist Strom so stark mit Entgelten und Umlagen belastet, dass kein Anreiz besteht, ihn in den Sektoren Wärme und Verkehr zu nutzen. Ich denke da beispielsweise an Wärmepumpen und Elektromobilität.
Ein Mix aus Instrumenten könnte nicht nur dazu beitragen, die Klimaziele in Wärme und Verkehr zu erreichen, sondern auch das gesamte Energiesystem flexibler zu gestalten und damit an vielen Stellen Kosten zu sparen.