Referenten der EAST Energy And Storage Technologies am 16./17.09.2019 in Erfurt (6): Vortrag über ein metallfreies elektrisches Batteriespeichersystem
Der Verzicht auf Metalle in stationären Stromspeichern wird nach unserer Auffassung hier zu einer deutlichen Entlastung der Rohstoffversorgung führen und so zugleich die Umstellung auf CO2-neutrale Stromversorgung beschleunigen und die ökologisch sensibelsten Rohstofflager vor Ausbeutung schützen.
Dr. Olaf Conrad: Die Region Mitteldeutschland hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Innovationstreiber im Bereich der Stromspeicher gemausert.

Am 16./17. September 2019 startet die erste EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference im CongressCenter der Erfurter Messe. In loser Folge interviewt im Vorfeld AKTUELLES Redner, die in den verschiedenen Workshops mit ihren Themen zum Gelingen der EAST beitragen. Heute gelten die Fragen Dr. Olaf Conrad, der im Workshop Technologien über ein metallfreies elektrisches Batteriespeichersystem berichtet.
Herr Dr. Conrad, Sie sind seit 2016 Geschäftsführer der JenaBatteries GmbH. Geben Sie bitte einen kurzen Überblick über die Tätigkeiten ihres Unternehmens.
JenaBatteries entwickelt auf der Basis von weltweit angemeldeten und teilweise bereits erteilten Patenten großformatige Batteriespeicher ab 100 kW Leistung und 400 kWh Kapazität. Was uns einzigartig macht ist, dass wir dabei vollständig auf Metalle im Speichermaterial verzichten. Wir haben diesen neuartigen Ansatz zur Stromspeicherung über die vergangenen sechs Jahre zur Marktreife entwickelt und bereiten derzeit die Markteinführung ab 2020 und volle Kommerzialisierung ab 2021 vor.
Ihre metallfreien Redox-Flow-Batterien sind weder brennbar noch explosiv und verwenden weder Schwermetalle noch aggressive Säuren. Erläutern Sie dies.
In unserer Batterie wird der elektrische Strom in wässrigen Lösungen aus organischen Salzen gespeichert, die in großen Mengen aus einfachen Grundstoffchemikalien in der chemischen Industrie hergestellt werden. Die Verwendung von Wasser als Lösungsmittel macht die Batterie prinzipiell nicht brennbar.
Da wir für die Speicherung keine Metalle verwenden, können wir die Speichermoleküle in nahe pH-neutralen Lösungen sicher betreiben, wodurch aggressive Säuren und aggressive Laugen vermieden werden und die betriebsbedingte Bildung explosiver Gasgemische ausgeschlossen ist.
Auch der massive Eingriff in empfindliche Ökosysteme, wie er etwa für die Gewinnung von Lithium aus Salzseen notwendig ist, wird mit unserer Technologie unnötig.
2015 wurde JenaBatteries mit dem IQ Innovationspreis Mitteldeutschland ausgezeichnet. Können Sie diese Auszeichnung in der Kategorie Chemie und Polymer rückblickend bewerten?
Die Region Mitteldeutschland hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Innovationstreiber im Bereich der Stromspeicher gemausert. Kluge Standort- und Technologiepolitik der beteiligten Landesregierungen, strategische Weitsicht der Hochschulleitungen bei der Profilbildung und ein sehr innovationsfreudiges und flexibles mittelständisches Unternehmertum haben hervorragende Voraussetzungen für die erfolgreiche Überführung von Forschungsergebnissen aus den Hochschulen in die arbeitsplatzschaffende gewerbliche Praxis geschaffen.
Mit dem IQ Innovationspreis ist die sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem CEEC Jena an der Friedrich-Schiller-Universität belohnt worden. Er hat zugleich den Ansporn gegeben, den steinigen Weg zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Produkt weiterzugehen.
Zur EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference am 16. und 17. September 2019 im CongressCenter der Erfurter Messe werden Sie als Referent im Workshop Technologien über ein metallfreies elektrisches Batteriespeichersystem berichten. Dies ist, ihrer Meinung nach, eine Antwort auf das Metallknappheitsproblem. Erläutern Sie dies kurz.
Für den weiteren globalen Ausbau der Erneuerbaren Energien müssen auf allen Ebenen der Energieversorgung disruptive neue Technologien eingesetzt werden. Ein wesentlicher Baustein wird dabei die Stromspeicherung sein. Es ist selbst für Fachleute schwer, sich die ungeheure Menge an täglich erzeugter und verbrauchter – also transportierter – elektrischer Energie vorzustellen – auch weil man Strom nicht wiegen oder in Tanks abfüllen kann. Es sprengt deshalb jegliche Vorstellungskraft, sich die schiere Menge an Lithium, Kobalt, Nickel und anderen Metallen vor Augen zu führen, die in den derzeit projektierten und prognostizierten Stromspeichern verbaut werden müssten.
Versorgungsengpässe sind bereits jetzt bei Kobalt aufgetreten und für Nickel und Lithium vorhersagbar.
Diese Engpässe werden dazu führen, dass der Speicherausbau insbesondere in der stationären Stromspeicherung langsamer als notwendig vorankommt. Selbst wenn man den erwartbaren Raubbau an der Natur achselzuckend als notwendigen Preis für die Erreichung der Klimaziele ansieht – und das halte ich persönlich für moralisch inakzeptabel – wird man an den wirtschaftlichen Realitäten nicht vorbeikommen.
Der Verzicht auf Metalle in stationären Stromspeichern wird nach unserer Auffassung hier zu einer deutlichen Entlastung der Rohstoffversorgung führen und so zugleich die Umstellung auf CO2-neutrale Stromversorgung beschleunigen und die ökologisch sensibelsten Rohstofflager vor Ausbeutung schützen. Das ist es, was wir mit unserer neuen Speichertechnologie ermöglichen.
Definieren Sie abschließend die Rolle von Energiespeichern im Gesamtkontext der Energiewende.
Wenige Sätze werden der Komplexität dieser Frage niemals gerecht werden. Energie wird heute in sehr vielen Formen verwendet – Wärme, Kälte, Strom, Stoffumwandlungen, Bewegung, Information um die wichtigsten zu nennen. Der allergrößte Teil davon wird zu dem Zeitpunkt erzeugt zu dem er auch verbraucht wird und basiert überwiegend auf der Wandlung fossiler Rohstoffe unter Freisetzung von CO2. Es gibt mittlerweile keine begründeten Zweifel mehr, dass die Auswirkung auf unser Lebensumfeld, vor allem auf das Erdklima, katastrophal sein wird, wenn wir das so weiterführen.
Wenn wir unser gesamtes Energiesystem konsequent darauf ausrichten, dass die Erzeugung und der Verbrauch der verschiedenen Energieformen erstens zeitlich und räumlich und zweitens untereinander austauschbar – Stichwort Sektorenkoppelung – verfügbar wird, können wir uns grundlegend von fossilen Rohstoffen unabhängig machen. Dafür ist es notwendig für jede der verwendeten Energieformen Speichermöglichkeiten zu schaffen. JenaBatteries stellt dazu die Technologie für Speicherung von elektrischem Strom zur Verfügung, ohne dabei den Raubbau an unserer Natur fortzusetzen.

Blick auf Jena, dem Unternehmenssitz von JenaBatteries. Foto: Pixabay.
Kurzvita
Dr. Olaf Conrad promovierte 1998 an der Universität Münster in Chemie. Zu Beginn seiner industriellen Laufbahn in der Erforschung der Elektrokatalyse bei der Engelhard Corporation in den USA war er in verschiedenen internationalen Positionen in der Industrie und Wissenschaft tätig, unter anderem bei CMR Fuel Cells in Großbritannien und NEXT ENERGY Research Centre in Deutschland. Von 2011 bis 2015 war er erster Direktor des neu geschaffenen Kompetenzzentrums für Katalyse für Wasserstoff und Brennstoffzellen an der University of Cape Town in Südafrika. Im Jahr 2016 wurde er zum Geschäftsführer von Jenabatteries in Jena ernannt, wo er für den technischen und kommerziellen Erfolg der metallfreien Redox-Flow-Batterie verantwortlich ist. Dr. Conrad ist regelmäßiger Referent auf internationalen Wissenschaftskonferenzen und hat mehr als 40 wissenschaftliche Publikationen in peer-reviewed Journalen verfasst oder mitverfasst.