Fakt ist, dass Mitteldeutschland mit den Metropolregionen im Speicherbereich an Attraktivität stark zulegt.

Referenten der EAST Energy And Storage Technologies am 16./17.09.2019 in Erfurt (23): Vortrag von der spannenden Speichertechnologie-Geschäftsidee zur Lizenzierung und Ausgründung

Fakt ist, dass Mitteldeutschland mit den Metropolregionen im Speicherbereich an Attraktivität stark zulegt.

Martin Richter: Hinzu kommt, dass etablierte Forschungseinrichtungen seit vielen Jahren eine hoch innovative Speicherforschung betreiben und die Innovationsstrategien der beteiligten Bundesländer entsprechende Teilsegmente befördern.

Am 16./17. September 2019 startet die erste EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference im CongressCenter der Erfurter Messe. In loser Folge interviewt im Vorfeld AKTUELLES Redner, die in den verschiedenen Workshops mit ihren Themen zum Gelingen der EAST beitragen.

Heute gelten die Fragen Martin Richter, der im Workshop Finazierungen, Start-ups, rechtliche Rahmenbedinungen, internationale Zusammenarbeit von der spannenden Speichertechnologie-Geschäftsidee zur Lizenzierung und Ausgründung berichtet. 

Herr Richter Sie hatten jüngst mit lokalen Partnerfirmen des SpinLab und Smart Infrastructure Hub ein Meetup, um spannende Speichertechnologien aus der Forschung vorzustellen und zu befördern, dass sich die Forscher untereinander stärker vernetzen. Wie bewerten Sie das Ergebnis?

Zunächst war es ein vielfältiges und sehr spannendes Meetup mit einem etwas anderen Ergebnis, als vorab vermutet. Ein Ziel des Events war es, verschiedene Speichertechnologien vorzustellen und im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit zu diskutieren. Zu dieser Diskussion kam es jedoch nicht, weil alle vorstellenden Akteure ihre Hausaufgaben exzellent gemacht hatten. Es ging nun vielmehr um die Frage von Zusammenarbeit und gemeinsamen Möglichkeiten zur Anwendung der innovativen Technologien. Insofern kann ich festhalten, dass die Strategie des Smart Infrastructure Hub – Anspruch, Vernetzung und Ermöglichung, hier hervorragend aufgegangen ist.

Insgesamt waren etwa 25-30 Interessierte anwesend. Kann man im Speicher-Technologiebereich in Mitteldeutschland von einer Gründerszene sprechen?

Im Moment ist es noch zu früh, um verlässliche Aussagen zu einer verstärkten Gründungstendenz treffen zu können. Fakt ist, dass Mitteldeutschland mit den Metropolregionen im Speicherbereich an Attraktivität stark zulegt. Hinzu kommt, dass etablierte Forschungseinrichtungen seit vielen Jahren eine hoch innovative Speicherforschung betreiben und die Innovationsstrategien der beteiligten Bundesländer entsprechende Teilsegmente befördern. Unser Anliegen als Smart Infrastructure Hub ist es u.a. auch, diese Technologie als Teilbereich der Energie-Innovationen zu fördern und Zusammenarbeit zu ermöglichen, im Sinne von Vernetzung und Austausch.

Wo verorten Sie denn bei einem solchen Erfahrungsaustausch die am meisten gefragte Unterstützung?

Aus meiner Sicht besteht der größte Bedarf auf Seiten der politischen Akteure. Deren Fokus auf die Li-Ion Technologie ist meiner Meinung nach sehr einseitig. Hier besteht entsprechend hoher Nachholbedarf in der Anerkennung und Förderung solcher alternativen und hoch-investiven Speicherforschungen.  Für die Erreichung einer wirtschaftlichen industriellen Produktion derartiger Technologien bedarf es zunächst eines gewissen Mutes zur Pilotierung und Projektierung von Feldtest-Anwendungen außerhalb von Laborumgebungen. Dabei ist eine stärkere finanzielle Unterstützung wünschenswert.

Wir haben am 01. Juli auf AKTUELLES über die Fertigstellung eines Kompetenzatlas zu den Chancen und Entwicklungen grüner Gase mit dem Fokus auf Mitteldeutschland berichtet. Die Erfahrungen daraus zugrunde legend, stellt sich die Frage, wie kann man denn die stärkere Vernetzung der mitunter einzeln, aber sehr innovativ Agierenden befördern?

Zunächst vielen Dank für den aufschlussreichen und hoch informativen Bericht zum Thema grüne Gase. Auch hierfür stehen wir als Smart Infrastructure Hub als Vernetzer und Ermöglicher zur Verfügung. Einige unserer Industriepartner beschäftigen sich sehr intensiv mit dem Thema Grüne Gase. Ich bin zuversichtlich, dass wir ein ähnlich exzellentes Ergebnis bei einem Event erzielen können, wie beim Speicher-Meetup im Mai 2019. Bisher haben wir noch kein entsprechendes Event durchgeführt. Das werden wir mit Sicherheit nachholen. Grundlegend ist festzuhalten, dass es einzelne Akteure tendenziell schwer haben, sich am Markt durchzusetzen. Für die Vernetzung gilt, dass weniger oft mehr ist. Es existieren schon einige gut etablierte Netzwerke, die ihrerseits auch untereinander gut  vernetzt sind. Die Konsolidierung dieser Netzwerke hilft meines Erachtens auch einzelnen Innovatoren, sich zeiteffizient zu vernetzen. 

Ihr Anspruch beim zu Beginn des Interviews erwähnten Meetup haben Sie darin begründet, dass die Technologie-Inhaber /-treiber zu dem logischen Schluss kommen, ihre Forschung zu materialisieren und entweder zu lizenzieren, oder auszugründen, um Mitteldeutschland zu mehr Innovationen zu verhelfen. Sehen Sie in solchen Meetups eine Chance zum Erreichen dieses Ziels? 

Absolut ja. Nur wenn darüber gesprochen wird und die Akteure vernetzt werden, ist Technologie in der Region projektierfähig und in den Markt überführbar. In den vielen Schubladen der Forschungseinrichtungen schlummert enormes Potential, welches unentdeckt bleibt, oder an Konzerne verkauft wird, die die Wertschöpfung aus der Forschung weniger in der mitteldeutschen Region ansiedeln. Einerseits erscheint es viel einfacher, ein mehrfach erprobtes E-Commerce Geschäftsmodell mit nischigem Thema zu gründen und am Markt zu etablieren, als ein hoch-investives Technologie Thema zu einer Gründung mit adäquater Finanzierung zu befördern. Andererseits wird aktuell überwiegend viel zu viel Zeit und Energie in ein 100%ig valides Forschungsergebnis investiert, anstatt zügig am Markt zu validieren. Damit verlieren wir Geschwindigkeit und Agilität in der Umsetzung von Geschäftsmodellen für hoch innovative Forschung. Deshalb setze ich mich für die Vernetzung, auch durch Events, im Rahmen des Smart Infrastructure Hubs ein. 

Wenn die Rede ist von einem Transfer aus der Wissenschaft und Forschung in die Wirtschaft, über welche Zeiträume muss man dies planen, um erfolgreich zu sein?

Erfolg ist leider nicht vollends planbar, es gehört noch jede Menge Glück, Demut und Geduld dazu. Weiterhin ist es auch ein Stückweit vom Typ der Innovation abhängig. Grundlagenforschung benötigt sehr viel Zeit und sollte meines Erachtens auch nicht bedrängt werden, wobei der Fokus auf eine wie auch immer geartete wirtschaftliche Auswertung gelegt werden sollte. Anwendungsbezogene Forschung kann und sollte wesentlich schneller am Markt getestet werden. Überwiegend ist Forschung mit Fördermitteln unterlegt, wodurch sich der Zeitraum zur Marktfähigkeit signifikant verlängert. Dem kann jedoch mit professionellem Transfermanagement, auch schon in einem frühen Stadium der spezifischen Anwendungsforschung, und mit einer adäquaten Innovationsstrategie der Bundesländer und der Regierung begegnet werden. Ich sehe uns in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf einem guten Weg, wenngleich es weiterer Anstrengungen bedarf, Forschung in die Wirtschaft zu transferieren. Aus meiner Sicht reden wir dennoch über mehrere Jahre, die es benötigt um eine Forschungsinnovation erfolgreich marktfähig und wertschöpfend zu gestalten.

Wie wichtig sind hierbei solide finanzielle Rahmenbedingungen?

Eine solide finanzielle Grundlage ist außerordentlich wichtig. Sinnvoll ist ein Mix aus Fördermitteln und privatem Kapital. Leider verfügt Mitteldeutschland (noch) nicht über eine ausgeprägte Investitionsbereitschaft in Venture Capital Fonds. Das zu ändern haben wir mit der Etablierung unseres ersten privaten VC-Fonds in den neuen Bundesländern, Smart Infrastructure Ventures, begonnen und wollen unsere Anstrengungen diesbezüglich intensivieren. In Kombination mit den Förderinstrumenten der Länder ist eine Grundlage zu einer soliden Finanzierung von Innovationen gelegt. Entscheidend ist jedoch, dass die Innovatoren sich darüber im Klaren sein müssen, was die Innovation wertschöpfend zu leisten imstande ist und in welchem Zeithorizont. Überwiegend bedarf es an dieser Stelle externer Unterstützung durch Experten.

Diese Unterstützung muss meines Erachtens zum einen in Fördervorhaben obligatorisch werden und zum anderen von den Forschungsträgern ermöglicht und von den Fördergebern unterstützt werden. Außerdem müssen mehr valide Forschungsergebnisse am Markt positioniert werden. Das dabei entstehende wirtschaftliche Risiko der innovativen Akteure gilt es entsprechend zu honorieren und abzufedern. Hier sind die Forschungseinrichtungen, aber auch die Bundesländer gefragt für Modelle der anfänglichen Tragfähigkeit zu sorgen.

Wenn Mitteldeutschland bei den Speichertechnologien stärker als Innovationsregion wahrgenommen werden soll, was muss sich grundsätzlich ändern und welche Gründerzahlen müssen wir dann anstreben?

Unlängst haben sich die Bundesländer in Mitteldeutschland u.a. um die Ansiedelung und die finanzielle Unterstützung für eine Speicherforschungsfabrik beworben. Die Voraussetzungen und Unterstützer waren exzellent. Aber wir stehen auch im Wettbewerb zu anderen Metropolen und sehr gut aufgestellten Regionen. Der Zuschlag für die Ansiedelung wurde bekanntlich Münster erteilt. Das ist gut für Münster und die Region, aber natürlich sehr schade für Mitteldeutschland. Hierdurch werden außerordentlich große Chancen im gesamten Umfeld der Batterieforschung, -recycling und -anwendung verpasst. Die Reaktion der Bundesländer in Mitteldeutschland ist nun jedoch zu zaghaft. Ich würde mir wünschen, dass sie ebenso fordernd, wie die süddeutschen Länder, ihren Standpunkt und die Möglichkeiten vertreten. In diesem Zusammenhang halte ich eine wesentlich stärkere, technologieoffene Unterstützung der Regierungen in Mitteldeutschland für Innovationen aus dem In- und Ausland für sinnvoll. Hinzu kommen die Verbesserung von Infrastrukturen, Investitionen in Bildung und die Beseitigung von regulatorischen Hemmnissen zur Förderung von Forschung und Ansiedelung von Speichertechnologien, um die Region weiterhin attraktiv zu gestalten und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Eine gemeinsame, angepasste, diversifizierte Förderstrategie der Länder – insbesondere in Bezug auf Projektierung von zum Beispiel Marktvalidierung von Speicherforschung – trüge dazu bei, die Akteure in Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Startups schneller zueinander zu bringen und valide Geschäftsmodelle mit hohem Wertschöpfungspotential für die Region zu identifizieren und zu etablieren. In Zahlen lässt sich das nicht ausdrücken. Wir müssen es schaffen, ein gemeinsames Ökosystem mit Oberzentren zu etablieren, in dem Innovationen beflügelt werden und die Akteure sich entfalten können. Dadurch entstehen Gründungen, Spin-Offs aus etablierten Unternehmen, sowie eine Sogwirkung für externe Startups. Wir vom Smart Infrastructure Hub stehen hierfür und wir laden alle Interessierten herzlich ein, sich an Vernetzung und Ermöglichung zu beteiligen.

Die Leipziger Baumwollspinnerei, Firmensitz des SpinLab – The HHL Accelerator. Fotos: Barbara Neumann, unter: www.foto-thueringen.de

Kurzvita

Martin Richter ist am 05.05.1977 in Leipzig geboren. Er ist verheiratet und hat 3 Kinder. 

Ausbildung

1999 – 2002

Studium Diplom-Tourismusbetriebswirtschaft, Berufsakademie Sachsen, Leipzig

1996 – 1998

Studium Wirtschaftspädagogik, Politologie, Universität Leipzig

1991 – 1995

Gymnasium (humanistisch), Leipzig

1983 – 1991

Oberschule 

Berufliche Stationen 

03.2003 – heute

Martin Richter Tourismus & Marketing Consulting

12.2017 – heute

Coach & Consultant, SpinLab – The HHL Accelerator

09.2016 – 11.2017

Berater Digital & Business Development, evermind GmbH

07.2014 – 11.2015

Assistant der Geschäftsleitung, F&P Gmbh | FEiG&PARTNER

09.2012 – 03.2013

Senior Inhouse Consultant, Unister Holding GmbH

03.2005 – 02.2012

Managing Director & Founder, g.labs GmbH

10.2002 – 02.2003

Junior Consultant Operations, TREUGAST Consulting Ludwigshafen

11.2000 – 09.2002

Junior Consultant/Werkstudent, TREUGAST Consulting Ludwigshafen

10.1999 – 09.2000

Werkstudent, Marriot Hotels Leipzig

1996 – 09.1999

Diverse Barkeeper Stationen im In- und Ausland