Die Zukunft der Kommunalwirtschaft: Daseinsvorsorge 4.0 (Teil 2 der Diskussion)

DIE ZUKUNFT DER KOMMUNALWIRTSCHAFT:
DASEINSVORSORGE 4.0 (Teil 2 der Diskussion)

Podiumsdiskussion zum 125-jährigen Jubiläum von Göken, Pollak & Partner (GPP) nach Bremen jetzt in Leipzig
Geschäftsführer Vi-Strategie GmbH moderiert (siehe AKTUELLES vom 31. Juli und 07. September)
120 Zuhörer

„Daseinsvorsorge 4.0 – Die Zukunft der Kommunalwirtschaft“ so lautete der Titel der Veranstaltungsreihe zum 125-jährigen Bestehen von Göken, Pollak und Partner aus Bremen.

Eine Annäherung an diese Thematik gelang bereits am 7.9. im Bremer Parkhotel – nun wurden die Themen bei einer Folge-Veranstaltung am 19.10 im Leipziger Steigenberger Grandhotel weiter vertieft. Moderator Rainer Otto, welcher die Veranstaltung bereits in Bremen leitete, begrüßte für die zweite Runde Vertreter aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Kommunalpolitik und Versorgung.

Zur Sprache kam einerseits der bevorstehende/vorherrschende Strukturwandel in der kommunalen Wirtschaft, der besondere Stellenwert der Digitalisierung in dieser Entwicklung sowie die nötigen Voraussetzungen für Politik und Versorgungsunternehmen, um in dieser Entwicklung Schritt zu halten.

Besonders die Rolle der Kommunen stand während der zweistündigen Diskussion immer wieder im Mittelpunkt – sowohl in direktem Kontakt zum Endverbraucher als auch als überordnete Plattform innerhalb der aktuellen Entwicklung.

Große gesellschaftliche Herausforderungen wie der demografische Wandel sowie die Zukunft des ländlichen Raumes können nur mit Hilfe von Innovationen und einem allgemeinen Bewusstseinswandel der Bevölkerung bewältigt werden, so Peter Gaffert, Oberbürgermeister der Stadt Wernigerode. Die Aufrechterhaltung der Versorgungsstruktur im ländlichen Raum bei gleichzeitig sinkenden Nutzerzahlen stellt die Kommunalwirtschaft vor neue Herausforderungen. Eine Veränderung des Nutzerverhaltens erfordere daher auch eine Anpassung seitens der Versorgungsunternehmen. Die Digitalisierung stelle hier möglicherweise das passende Instrument zur Lösung dieser Probleme dar – doch sie dient nicht als Selbstzweck. Leider verzeichnet Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern wie Estland noch massive Defizite bei Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Breitband-Internet oder der Verbreitung von Strukturen des eGovernments.

Eine grundlegende Vernetzung muss daher überall geboten werden, auch dort, wo es sich für Privatunternehmen nicht rentiert. Dort kommen die Kommunen ins Spiel – angefangen bei der Digitalisierung von internen Prozesses bis zur Smart-City-Entwicklung.

Leider sind die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für einen solchen Strukturwandel häufig nicht gegeben. Peter Gaffert forderte daher eine Stärkung der Kommunen durch eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Viele Reglementierungen verlangsamen heutzutage die Entwicklung der Kommunalunternehmen oder wirken abschreckend für kleinere Verwaltungsstrukturen. Auch Dietlind Tiemann, Oberbürgermeisterin a.D. der Stadt Brandenburg an der Havel, sieht den Finanzdruck auf die Kommunen in dieser Hinsicht als nicht förderlich an. Der Tätigkeitsbereich der Kommune sollte dort liegen, wo das Wohl der Bevölkerung direkt verbessert werden kann – gute Erfahrungen mit Public-Private-Partnerships können in dieser Hinsicht als Best-Practice-Ansätze dienen und für mehr Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Versorger auf dem Markt beitragen.

Die Relevanz von Daten als das „Gold des 21. Jahrhunderts“ betrifft natürlich auch die kommunalen Versorger. Ralph Grillitsch sieht vor allem die Produktentwicklung aus den vorhandenen Daten als große Herausforderung der nächsten Jahre. Der Fokus sollte hier auf der Abdeckung und Entwicklung des zukünftigen Infrastrukturbedarfs statt auf dem Gewinnstreben liegen, so der Geschäftsführer der Stadtrodaer Wohnungsbaugesellschaft mbH sowie der Stadtwerke Stadtroda GmbH.

Zusammenfassend sind die aktuellen Transformationsentwicklungen nur sehr schwer greifbar. Statt eines Gesamtkonzeptes sind es viele Einzelne Ansätze und Strategien, welche aktuell diskutiert werden, zudem drängen neue Akteure auf den Markt – dies alles erfordert eine neue Form des Schnittstellenmanagements. Staat und Regierung können dies nicht alleine leisten findet auch Jens Held. Der Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Partner bei GPP sieht die Digitalisierung im Rahmen von dezentralen Ansätzen als große Chance für den ländlichen Raum, welche bisher fast gänzlich ungenutzt blieb.

Was braucht es also nun für eine zeitgemäße Orientierung der kommunalen Wirtschaft?

Vor allem das Management der großen Datenmengen wird künftig eine der größten Aufgaben darstellen, so Michael Emrich, Geschäftsführender Präsident des ostdeutschen Sparkassenverbandes. Nicht nur die Nutzung der Daten ist hier von Bedeutung, auch Zugriffs- und Missbrauchssicherheit müssen gewährleistet sein. Welche Institution oder Organisation künftig die Hoheit über diese Daten haben soll ist strittig. Die Koordinationsaufgabe liegt jedoch bei den Kommunen. Diese müssen einerseits mutig und aktiv an den Entscheidungsprozessen teilhaben, als auch die Umsetzung seitens der kommunalwirtschaftlichen Betriebe organisieren. Nur so kann der Platz der Branche in der Zukunft gefestigt und die gute Versorgung der Bevölkerung langfristig sichergestellt werden.


Nach interessanter und fachlich sehr intensiver theoretischer Erörterung der Digitalisierung gab es einen praktischen Einblick am Beispiel der Dienstleistungen der EEX-Gruppe.


(v. li. n. re.) Rainer Otto, Geschäftsführer Vi-Strategie GmbH, Peter Gaffert, Oberbürgermeister von Wernigerode, Dr. Dietlind Tiemann, Oberbürgermeisterin a. D. von Brandenburg an der Havel und frisch gewählte Bundestagsabgeordnete, Ralph Grillitsch, Geschäftsführer der Stadtwerke Stadtroda GmbH und der Stadtrodaer Wohnungsbaugesellschaft mbH, Jens Held, Geschäftsführender Gesellschafter GPP Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Dr. Michael Ermrich, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes.

Daseinsvorsorge 4.0 –
Die Zukunft der Kommunalwirtschaft

DIE ZUKUNFT DER KOMMUNALWIRTSCHAFT: DASEINSVORSORGE 4.0

Podiumsdiskussion zum 125-jährigen Jubiläum von Göken, Pollak & Partner (GPP) in Bremen

Geschäftsführer Vi-Strategie GmbH moderiert (siehe AKTUELLES vom 31. Juli) – 200 Zuhörer

Die Daseinsvorsorge steht vor einem Wandel. In Zeiten des Umbruchs und stark beschleunigter wirtschaftlicher Entwicklung ist das „Stadtwerk der Zukunft“ gesucht. Wie könnte dies aussehen? Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Betriebsjubiläum von GPP wurde genau diese Frage aufgegriffen und innerhalb einer zweistündigen Podiumsdiskussion, an der 200 Zuhörer teilnahmen, erörtert. Unter der Moderation von Rainer Otto, Geschäftsführer der Vi-Strategie GmbH, stand neben der aktuellen Entwicklung der Daseinsvorsorge besonders der Umgang mit der fortschreitenden Digitalisierung im Vordergrund.

Eine Frage tauchte im Laufe der Diskussion immer wieder auf: Wo ist der Platz der Kommunalwirtschaft in der Zukunft und wie können dort Einkünfte erzielt werden? Zwar sorge der etablierte Verkauf von Versorgungsleistungen wie Wasser oder Gas weiterhin für einen Großteil der Erlöse der Versorger, dies wird jedoch aufgrund des wachsenden Wettbewerbs- und Effizienzdrucks immer schwerer und weniger rentabel, so Michael Bosse-Arbogast, Sprecher und Kaufmännischer Vorstand der Stadtwerke Hildesheim AG.

Mit einer Erweiterung des Portfolios, beispielsweise um Dienstleistungen für Photovoltaik-Anlagen, Ladestationen für Elektroautos oder Telekommunikationsdienste, verschmelzen daher auch die Tätigkeitsbereiche der Versorgungsunternehmen. Die Akteure der Branche sind sehr vielfältig geworden und kommen aus verschiedensten Bereichen. Um dieser Konkurrenz Stand zu halten, ist eine verstärkte Innovationsmentalität nötig. Diese fehlt laut Petra Reiber (Bürgermeisterin a. D. der Gemeinde Sylt) häufig noch. Es gilt, auch in der Bevölkerung ein Bewusstsein für innovative Ansätze wie Smart-City- oder Nachhaltigkeitskonzepte zu entwickeln. Nur so kann die Digitalisierung erfolgreich vorangetrieben werden und eine moderne Daseinsvorsorge entstehen.

Durch Partnerschaften mit privaten Akteuren kann diese Innovationskultur gefördert werden – die kommunale Familie dürfe nicht ″hinten runter fallen″, so Bernd Reichelt. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Menden GmbH sieht die öffentlichen Versorger zukünftig vielmehr als übergeordnete Plattform für die zahlreichen Akteure in der Entwicklung zur Smart-City. Das vorhandene Know-how der Kommunen, vor allem bei spartenübergreifenden Tätigkeiten, sei in dieser Hinsicht nicht zu unterschätzen.

Kundenkontakt im Vordergrund | Auch die Kommunikation mit dem Endverbraucher spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Trotz der Online-Verfügbarkeit vieler Leistungen bietet die Digitalisierung nicht die Lösung für alle Anforderungen. Die Nachfrage nach einem persönlichen Kontakt zum Versorgungsunternehmen hat in den vergangenen Jahren sogar zugenommen, berichtet Michael Bosse-Arbogast. Eine zweigleisige Kommunikation – analog und digital – ist zwar vorübergehend mit höheren Ausgaben verbunden, bietet jedoch gleichzeitig eine verbesserte Möglichkeit, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen und alle Kunden in dieser Entwicklung ″mitzunehmen″.

Das forderte auch Metin Pencereci, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Partner bei GPP, der für mehr Engagement und Initiative der kommunalen Unternehmen bei Infrastrukturaufgaben wie dem Breitbandausbau warb. Die Diskussion über die Rolle der treibenden Kraft bei Innovationen sorgte im Anschluss für verschiedene Standpunkte. Einerseits müsse die (finanzielle) Rückendeckung seitens der Gemeinde vorhanden sein, auf der anderen Seite sei es an den öffentlichen Versorgern, innovative Ansätze ins Spiel zu bringen und deren Umsetzung voranzutreiben.

Als Gedankenanstoß aus der Praxis präsentierte Detlev Koch, Geschäftsführer der Stadtwerke Haldensleben GmbH, die Digitalisierungs-Roadmap des Versorgungsunternehmens nahe Magdeburg. Die Implementierung von digitalen Services wurde hier in vielen Bereichen geplant bzw. bereits durchgeführt. Dies gelte nicht nur für interne Prozesse, ebenso unterstützen öffentlichkeitswirksame Aktionen den Bewusstseinswandel in der Bevölkerung, so Koch.

Sicherheit und Datenschutz | Zur Frage nach der Beherrschbarkeit der technologischen Entwicklung verwies Peter Franke, Vizepräsident der Bundesnetzagentur, in erster Linie auf die rechtlichen Grundlagen. Besonders die Daten des einzelnen Bürgers seien mit sehr hohen Standards verbunden, um Sicherheit zu gewährleisten. Ein solch hohes Schutzgut setze, auch bei Regulierungsfragen, die gleichen Anforderungen für alle Akteure voraus.

Zum Ende der Diskussion waren sich die Teilnehmer zumindest in einem Punkt einig: Sowohl auf staatlicher als auch auf kommunaler Ebene ist Transparenz und eine erfolgreiche Kommunikation von zentraler Bedeutung. Digitalisierung sei ein Teil-Prozess, stellte Bernd Reichelt fest – sowohl bei Wissen, als auch bei Handlungen und Entscheidungen. Entsprechend sind hierarchie- und machtarme Strukturen notwendig, damit die Unternehmenskultur mit der Technologie Schritt halten kann.

Mit einer weiteren Podiumsdiskussion zum selben Thema am 19. Oktober 2017 sollen am GPP-Standort Leipzig diese Standpunkte und Ergebnisse aufgegriffen und in einer Fortsetzung weiter diskutiert werden.

(Den Artikel im Weser-Kurier finden Sie HIER.)

 


Teilnehmer der überaus interessanten Diskussion zur Zukunft der Kommunalwirtschaft unter digitalen Aspekten waren (von links nach rechts) Peter Franke (Vizepräsident Bundesnetzagentur), Rainer Otto (Geschäftsführer Vi-Strategie GmbH) Detlef Koch (Geschäftsführer Stadtwerke Haldensleben GmbH) Petra Reiber (Bürgermeisterin a. D. Gemeinde Sylt), Michael Bosse-Arbogast (Sprecher und Kaufmännischer Vorstand Stadtwerke Hildesheim AG), Metin Pencereci (Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Partner bei GPP) und Bernd Reichelt ( Geschäftsführer Stadtwerke Menden GmbH).

DISKUSSIONEN IN BREMEN (07.09.2017) UND LEIPZIG (19.10.2017)
AUS ANLASS 125 JAHRE GPP
“DIE ZUKUNFT DER KOMMUNALWIRTSCHAFT:
DASEINSVORSORGE 4.0″

DIE ZUKUNFT DER KOMMUNALWIRTSCHAFT: DASEINSVORSORGE 4.0

Moderation der Podiumsdebatten in Bremen und Leipzig
durch Rainer Otto, Geschäftsführer Vi-Strategie GmbH

Den Initiatoren der beiden Podiumsdiskussionen “Die Zukunft der Kommunalwirtschaft: Daseinsvorsorge 4.0” in Bremen und Leipzig, GÖKEN│POLLAK│PARTNER, ist zu gratulieren – natürlich zum 125jährigen Jubiläum und damit zu einer 125jährigen unternehmerischen Tradition und Entwicklung.

Sie sucht ihresgleichen und ist gepaart durch langjährige Erfahrung und Kenntnisse von Zusammenhängen, denen natürlich ein großes Netzwerk an Geschäftspartnern sowie unternehmerischen Engagement zugrunde liegt.

Den Initiatoren ist zugleich nicht minder leidenschaftlich ob der Idee zu den Podiumsdiskussionen und der hierbei gewählten Thematik zu gratulieren.

Das gilt natürlich auch für die fachlich hochkarätig besetzten Diskussionsrunden, in denen sich etablierte Persönlichkeiten dem Meinungsaustausch stellen.

Wie sieht sie aus, die künftige Kommunalwirtschaft? Ist sie mit dem Etikett “Daseinsvorsorge 4.0” vollständig beschrieben?

Bildet die Digitalisierung der Daseinsvorsorge, auch schon digitale Daseinsvorsorge bezeichnet, als Plattform sowie als Treiber und mit Handlungsoptionen versehen, die künftige Kommunalwirtschaft vollständig ab?

Den gesamten Text finden Sie HIER. Anmeldungen sind HIER möglich.