“Kommunen sollten – sinnvollerweise im Verbund – einen Masterplan für ihre Region erstellen und diesen kontinuierlich überprüfen.”

15. Mitteldeutsches Energiegespräch zum Thema Breitband am 04. Juni 2018 auf Schloss Ettersburg

“Kommunen sollten – sinnvollerweise im Verbund – einen Masterplan für ihre Region erstellen und diesen kontinuierlich überprüfen.” (15*)

Interview mit Christoph Rathenow, Partner PricewaterhouseCoopers GmbH Deutschland

Die Digitalisierung hat eine strukturelle Veränderung in Gang gesetzt, die zunehmend alle Lebensbereiche erfasst.
Der Aufbau einer leistungsfähigen Netzinfrastruktur trägt zur Steigerung des Wirtschaftswachstums, der Beschäftigung und der Produktivität bei und steigert die Wettbewerbsfähigkeit ansässiger Unternehmen.

Dies gilt für die Industrie gleichermaßen wie für moderne Dienstleistungsbranchen. Aber auch für die Leistungserbringung öffentlicher beziehungsweise hoheitlicher Aufgaben in der Fläche gewinnt die Breitbandtechnologie zunehmend an Bedeutung, besonders vor dem Hintergrund abnehmender Bevölkerung in strukturschwachen oder ländlichen Räumen. Aus Anlass des 15. Mitteldeutschen Energiegespräches bat AKTUELLES zum Thema Breitband Christoph Rathenow, Partner PricewaterhouseCoopers GmbH Deutschland um ein Interview.

Christoph Rathenow
Partner bei PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf

Wohin entwickelt sich der Breitbandmarkt mittelfristig?

Der Trend geht eindeutig zu hochleistungsfähigen Gigabit/s-Netzen. In den nächsten 10 Jahren werden die Nutzer – allen voran Geschäftskunden – Bandbreiten von mindestens 1 Gigabit/s im Down- und Upload erwarten.


Werden in diesem Markt kommunale Unternehmen eine Rolle spielen ?

Die Ausgangslage kommunaler Unternehmen ist gut: Sie können wichtige Treiber für den weiteren Ausbau sei der Infrastruktur sein. Mit den örtlichen Verhältnissen sind sie bestens vertraut, zudem können sie Synergieeffekte durch einen spartenübergreifenden Tiefbau erzielen. Sie müssen aber bald entscheiden, ob sie sich in diesem Markt engagieren wollen – sonst wird die benötigte Infrastruktur von anderen Akteuren errichtet. Eines ist klar: Ohne verlässliche Kooperationspartner aus der Telekommunikationsbranche werden es die kommunalen Unternehmen sehr schwer haben.

Sind die Kommunen gut aufgestellt, um den Breitbandausbau zu beschleunigen?

Die kontinuierliche Umsetzung von Breitbandprojekten in den Gemeinden oder Landkreisen ist eine riesige Herausforderung für Kommunen. Die Rahmenbedingungen – z.B. Nachfrage, eigenes Engagement der TK-Netzbetreiber, Technologien – verändern sich fortlaufend. Kommunen sollten das Know-How bündeln und Mut für innovative Lösungen aufbringen. Wichtig ist, nicht nur die aktuellen Bedürfnisse im Blick zu haben, sondern auch langfristig zu planen.


Was ist zu tun, was raten Sie kommunalen Unternehmen und Kommunen?

Kommunen sollten – sinnvollerweise im Verbund – einen Masterplan für ihre Region erstellen und diesen kontinuierlich überprüfen. Im Dialog um Förderprogramme und rechtliche wie regulatorische Rahmenbedingungen sollten sie ihre Erfahrungen aktiv einbringen. Kommunale Unternehmen sollten zeitnah und ergebnisoffen ein verstärktes Marktengagement prüfen, geeignete Kooperationspartner finden und auch intern ein motiviertes, kompetentes Team zusammenstellen, welches das Thema Breitbandausbau vorantreibt.

Vita

Christoph Rathenow hat an der Universität zu Köln ein Studium der Betriebswirtschaftslehre (Diplom-Kaufmann) absolviert. Er ist seit 1991 bei PwC tätig und verantwortlicher Partner für die TK-Projekte im Bereich Breitband und Controlling. Herr Rathenow ist seit rund 20 Jahren in leitenden Positionen auf Projekten im Breitbandmarkt tätig.
Seine Schwerpunkte liegen in der Beratung von Telekommunikationsnetzbetreibern, Stadtwerken, Ländern und Kommunen im Rahmen von Breitbandprojekten sowie in der Leitung des betriebswirtschaftlichen
Regulierungsmanagement im Telekommunikationssektor

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 15. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 04.06.2018 und vom 17.04.2018, ff) gibt aus Anlass des 15. Mitteldeutschen Energiegespräches Christoph Rathenow,
Partner PricewaterhouseCoopers GmbH Deutschland Auskunft über den “Breitbandausbau: Ein breites Band an Herausforderungen … mit großem Potential” (Sehen Sie bitte auch den
gleichnamigen Vortrag auf www.mitteldeutsches-energiegespräch.de und HIER). NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

“RUND 10.000 KM GLASFASERKABEL KANN AVACON BEREITS JETZT ZUR VERPACHTUNG AN PROVIDER UND KOMMUNEN ZUR VERFÜGUNG STELLEN.”

15. Mitteldeutsches Energiegespräch zum Thema Breitband am 04. Juni 2018 auf Schloss Ettersburg

“Rund 10.000 km Glasfaserkabel kann Avacon bereits jetzt zur Verpachtung an Provider und Kommunen zur Verfügung stellen.” (14*)

Interview mit dem Vorsitzenden des Vorstandes der Avacon AG Marten Bunnemann

Das 15. Mitteldeutsche Energiegespräch widmet sich dem Thema Breitband als wichtigem Faktor einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Versorgungsstruktur und reflektiert den 8. Thüringer Breitbandgipfel vom gleichen Tag in Erfurt.

“Wir gestalten den Weg in die Gigabit-Gesellschaft mit höchster Priorität.”, so heißt es hierzu im am 12. März 2018 unterschriebenen Koalitionsvertrag, “Deshalb wollen wir den flächendeckenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 erreichen. Wir wollen den Netzinfrastrukturwechsel zur Glasfaser. Unser Ziel lautet: Glasfaser in jeder Region und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus. Schulen, Gewerbegebiete, soziale Einrichtungen in der Trägerschaft der öffentlichen Hand und Krankenhäuser werden wir bereits in dieser Legislaturperiode direkt an das Glasfasernetz anbinden.
Dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Telekommunikationsanbietern und Staat erforderlich. Wir gehen von einem öffentlichen Finanzierungsbedarf von zehn bis zwölf Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode aus, die wir in einem Gigabitinvestitionsfonds verlässlich bereitstellen. Hierfür werden wir die Erlöse aus der Vergabe der UMTS- und 5G-Lizenzen zweckgebunden bereitstellen und wollen bis 2021 im Haushalt sicherstellen, dass das Fördervolumen insgesamt erreicht wird.”

Aus Anlass des 15. Mitteldeutschen Energiegespräches bat AKTUELLES zum Thema Breitband den Vorstandsvorsitzenden der Avacon AG in Helmstedt Marten Bunnemann um ein Interview.

Marten Bunnemann,
Vorsitzender des Vorstandes der Avacon AG, Helmstedt


“Die Energiewende wird nur zu Erfolg, wenn die Energiesysteme zunehmend intelligent miteinander verknüpft werden.
Der flächendeckende Breitbandausbau ist die Grundlage für vernetzte, digitalisierte Energieversorgung und moderne Kommunikation.
Die Verfügbarkeit hoher Bandbreiten ist zudem von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung  für Industrie und Gewerbe und sichert Arbeitsplätze in ländlichen Regionen.
Hierdurch wird die Attraktivität des ländlichen Raums als Wohnort erhöht und dem Trend der Landflucht entgegengewirkt.

Als modernes Energieunternehmen und zuverlässiger Partner der Kommunen treiben wir den Ausbau von Glasfasernetzen aktiv voran und leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Menschen in der Region.”

Marten Bunnemann, Vorsitzender des Vorstandes der Avacon AG


Die Mitteldeutschen Energiegespräche beschäftigen sich mit verschiedenen Facetten der Energiewende. Wie schätzen Sie den derzeitigen Stand ein?

Mit Blick auf die Energieerzeugung hat sich in Deutschland in den letzten Jahren viel getan. Mit einem Grünstromanteil von 36 Prozent am Endverbrauch steht Deutschland auch im Vergleich recht gut da.
Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir noch lange nicht am Ziel sind: Denn trotz aller Anstrengungen stagnieren seit einigen Jahren die CO2-Emissionen, die Erreichung der für 2030 gesetzten Klimaschutzziele ist nach jetzigem Stand fraglich.
Das liegt daran, dass die Energiewende bislang fast ausschließlich im Stromsektor stattgefunden hat. Die energieintensiven Sektoren Wärme und Verkehr hinken bei der Nutzung Erneuerbarer Energien noch deutlich hinterher. Im Wärmesektor stammen erst 13 Prozent, im Verkehrssektor sogar nur 5 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Für eine erfolgreiche Energiewende müssen alle Sektoren berücksichtigt und miteinander verknüpft werden. Dafür brauchen wir intelligente Netze, Stichwort Digitalisierung.


Wie bewerten Sie die Energiewende im Hinblick auf die im politischen Raum erörterten Überlegungen (Stichwort Koalitionsvertrag)?

Im Koalitionsvertrag lassen sich erfreulicher Weise bereits einige wesentliche Punkte für die Energiewirtschaft wiederfinden. So ist zum Beispiel eine relativ starke Fokussierung auf den Netzausbau positiv zu bewerten. Es sollen weitere Anstrengungen zum Ausbau und zur Modernisierung der Energienetze unternommen, ökonomische Anreize für eine Optimierung der Netze und eine Reform der Netzentgelte angestrebt werden.

Auch die Anhebung des Ausbauziels für Erneuerbare Energien auf 65 % bis 2030 ist im Grundsatz positiv zu werten. Wichtig wird dabei aber sein, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterentwickelt wird, der Ausbau kosteneffizient erfolgt und vor allen Dingen mit dem Netzausbau synchronisiert wird.
Auch das Thema Digitalisierung wird im Koalitionsvertrag angerissen und die Bedeutung der Digitalisierung für den Netzausbau betont. Leider sind aber die Ausführungen hierzu zu wenig präzise. Dies betrifft Insbesondere die Frage dezentraler, intelligenter Vernetzung sowie den Glasfaserausbau.


Wie ordnen Sie dabei die strategischen Ziele Ihres Unternehmens ein?

Die Energiewende tritt nun in ihre zweite Phase ein. Nachdem im ersten Schritt vor allem politisch verordnete und regulierte Ausbauvorgaben erneuerbarer Erzeugung erreicht werden sollten, wird die zweite Phase eine vom Kunden getriebene sein.

Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung ist der Megatrend Digitalisierung. Die digitale Kommunikation eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle und den Austausch mit Kunden und anderen Marktpartnern. Diese Entwicklung gestalten wir bei Avacon aktiv mit, indem wir einen starken Fokus auf das Thema Digitalisierung setzen und unser Unternehmen in dieser Richtung konsequent weiterentwickeln.

Nun beschäftigt sich das 15. Mitteldeutsche Energiegespräch mit dem Thema Breitband. Welche Fähigkeiten und damit Möglichkeiten kann Avacon bei der forcierten Umsetzung des Breitband- Ausbaus einbringen?

Glasfasernetze sind Grundlage für vernetzte, digitalisierte Energieversorgung und moderne Kommunikation. Der Aufbau von intelligenten Netzen ist notwendig, um Erneuerbare Energien besser einbinden und nutzen zu können. Die intelligente Verknüpfung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr ist nur durch digitale Kommunikation möglich, Stichwort Sektorenkopplung.

Die Themen Breitband und digitale Kommunikation sind für Avacon nicht neu. Bereits heute sind unsere Netze und Anlagen über einige tausend Kilometer Glasfaserkabel miteinander verbunden. Viele Prozesse und Steuerungen, die für einen sicheren und effizienten Netzbetrieb erforderlich sind, laufen über unsere moderne Netzleitstelle vollkommen digital gesteuert und automatisiert ab.

Durch die Anforderungen, die die Energiewende mit sich bringt und neue technologische Möglichkeiten der digitalen Kommunikation (z.B. Blockchain-Geschäfte, Cloudlösungen), bekommt das Thema Breitband aber neuen Schub. Das steigende Datenvolumen benötigt deutlich mehr Bandbreite als bisher.

Wir treiben den Ausbau des Glasfasernetzes aktiv voran und leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Zukunft der Region. Als zuverlässiger Partner der Kommunen nehmen wir unsere Verantwortung wahr – insbesondere in ländlichen Gebieten. Rund 10.000 km Glasfaserkabel kann Avacon bereits jetzt zur Verpachtung an Provider und Kommunen zur Verfügung stellen.
Insbesondere bei Ortsnetzsanierungen und der Neubaugebiet-Erschließung verlegen wir Leerrohre für künftige Glasfaserleitungen oder in Kooperationen mit Internet-Providern auch die Leitungen. Hierbei übernehmen wir beispielsweise auch Beratungs- und Planungsleistungen für Kommunen.


Welche Rolle spielt der Kunde bei der Digitalisierung der Energiewirtschaft?

Bei aller technologischen Entwicklung dürfen wir nicht vergessen: Im Mittelpunkt steht der Mensch – und nicht die Technik. Der Kunde ist eine treibende Kraft für die Veränderungen der Energiewelt. Er nutzt und erzeugt Strom – Konsument und Produzent verschmelzen zum Prosumer. Verbunden mit dieser Rollenänderung ändern sich auch die Energielösungen.

Dabei wird die Energiewelt, in der er sich bewegt, immer komplexer. Die Echtzeitverarbeitung gewaltiger Datenmengen, ermöglicht in Zukunft vernetze Energiesysteme, intelligente Märkte, intelligente Häuser und intelligente Mobilität.

Vita

seit Januar 2018
Avacon AG – Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand

seit September 2017
Avacon AG – Mitglied des Vorstands

2014 – 2017
E.ON SE – Bereichsleiter Geschäftsentwicklung & Dezentrale Energien

2012 – 2014
E.ON SE – Bereichsleiter Transformation Management

2011 – 2012
E.ON Italia S.p.A. (Mailand/Rom) – Direktor Unternehmensentwicklung / Energiewirtschaft

2008 – 2010
E.ON Italia S.p.A. (Mailand) – Leiter Unternehmensentwicklung / M&A

2006 – 2008
E.ON AG – Assistent des Vorstandsvorsitzenden

2005 – 2006
E.ON AG – Syndikusanwalt, Zentrale Rechtsabteilung

2003 – 2005
Rechtsreferendariat, Düsseldorf und Brüssel OLG Düsseldorf, EU Kommission/Generaldirektion Wettbewerb, Shearman & Sterling
Abschluss: Zweites juristisches Staatsexamen

2001 – 2002
Handelshochschule Leipzig – Abschluss: Master of Business Administration (MBA)

1995 – 2001
Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, London, Montpellier und Frankfurt am Main – Abschluss: Erstes juristisches Staatsexamen

1994 – 1995
Grundwehrdienst

1994
Abitur

1975
in Oldenburg geboren

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 14. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 17.04.2018, ff) gibt aus Anlass des 15. Mitteldeutschen Energiegespräches Marten Bunnemann, Vorstandsvorsitzender der Avacon AG Auskunft über die Sicht seines Unternehmens auf die Strategie zum Breitbandausbau. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

“Wir sollten in Deutschland möglichst viele saubere Technologien anbieten. Ich wünsche mir, dass Politik die Vielfalt wieder stärker in den Blick nimmt.”

Michael Wübbels, VKU Verband Kommunaler Unternehmen, Berlin

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

“Wir sollten in Deutschland möglichst viele saubere Technologien anbieten. Ich wünsche mir, dass Politik die Vielfalt wieder stärker in den Blick nimmt.” (13*)

TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES/Interview mit Michael Wübbels, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VKU Verband Kommunaler Unternehmen

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?
Was müsste denn in den kommenden drei bis fünf Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern, wenn man auf das 2-Grad-Ziel und die damit verbundene CO₂-Reduzierung schaut?

Bei der Stromwende in eine neue Energiewelt sind wir auf einem guten Weg. Mit dem Ausschreibungsmodell für erneuerbare Energien wurde – auch auf den Vorschlag des VKU hin – ein Modell eingeführt, das die Vergütung für erneuerbaren Strom wettbewerblich bestimmt. Nun gilt es, den neuen Ausbaupfad von 65 Prozent in Einklang mit Netzausbau und der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger voranzubringen.
Zudem braucht die Energiewirtschaft einen klaren und verlässlichen Rahmen, damit sie den konventionellen Kraftwerkspark umbauen kann. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ist eine Chance, Klimaschutz und Versorgungssicherheit in einem gemeinsamen Konzept zu verbinden und die notwendigen Maßnahmen zu erhalten. Wichtig ist, dass alle betroffenen Akteure aus Ländern, Kommunen und Stadtwerken, Unternehmen und Gewerkschaften sowie Zivilgesellschaft beteiligt werden. Zu Recht würdigt die Koalition die Rolle der Stadtwerke bei der Transformation unseres Energiesystems.

Eine große Herausforderung ist die Wärmewende. Begrüßenswert ist deshalb, dass der Klimaschutztechnologie Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und den damit verbundenen Wärmeinfrastrukturen eine zentrale Rolle in der neuen Energiewelt zugewiesen wird. Mit dem konsequenten Ausbau der Wärmeinfrastrukturen schaffen Stadtwerke die Voraussetzungen für die Wärmewende, insbesondere in den Bestandsgebäuden der urbanen Ballungsräume.

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Gasinfrastruktur. Sie ermöglicht heute schon klimaschonende Lösungen im Gebäude- und Verkehrsbereich und kann zukünftig vermehrt grünes Gas aufnehmen. Sie ist damit eine wichtige Infrastruktur für den Transformationsprozess.

Die aktuellen Veröffentlichungen zur Reduktion der Treibhausgase in Deutschland zeigen sehr eindrücklich, in welchen Sektoren noch Nachholbedarf besteht. Während die Emissionen der Energiewirtschaft um 4,1 Prozent gesunken sind, stiegen die Emissionen in Verkehr und Industrie.

Der Verkehrssektor sollte eine stärkere Verantwortung übernehmen. Zwar sind die einzelnen Fahrzeuge effizienter geworden, aber im Ergebnis nicht sparsamer. Der Trend zu größeren Fahrzeugen mit höherer Motorisierung hebt den Effizienzvorteil auf. Außerdem steigen neben den Fahrzeugkilometern für den Transportsektor auch die Pendlerzahlen seit Jahren kontinuierlich an. Da die Verkehrsleistung nach Auffassung vieler Experten insgesamt weiter zunehmen wird, muss – neben anderen Maßnahmen – vor allem die Energieversorgung des Verkehrs konsequent auf CO2– arme und -freie Quellen umgestellt werden.

Die Reform der Entgelte und Umlagen wird sicherlich auch in dieser Legislaturperiode stärker in die Diskussion rücken. Das zeichnet sich spürbar ab. Derzeit ist Strom so stark mit Entgelten und Umlagen belastet, dass kein Anreiz besteht, ihn in den Sektoren Wärme und Verkehr zu nutzen. Ich denke da beispielsweise an Wärmepumpen und Elektromobilität.

Ein Mix aus Instrumenten könnte nicht nur dazu beitragen, die Klimaziele in Wärme und Verkehr zu erreichen, sondern auch das gesamte Energiesystem flexibler zu gestalten und damit an vielen Stellen Kosten zu sparen.


Nun zeichnen sich, getrieben durch E.ON SE und RWE AG, gravierende Veränderungen in der Energielandschaft in Deutschland ab. Muss die Branche dadurch umdenken, ihre Konzepte ändern und neu ausrichten oder anpassen?
Wo sehen Sie die Chancen und die Risiken infolge des E.ON-RWE-Deals bei den kommunalen Versorgern? Sind insbesondere die Stadtwerke, für die im Markt und im technologischen Bereich stattfindenden gravierenden Umwälzungen gut gerüstet, um die Zukunft erfolgreich zu meistern?
Welche Auswirkungen hat das auf die Geschäftsmodelle?

Wir warten ab, welchen Fortgang die beabsichtigte Zusammenlegung und Neuorganisation von Geschäftsfeldern bei den beiden Unternehmen nimmt.
Mit Blick auf unsere Mitgliedunternehmen sehen wir die Stadtwerke für die nächsten Jahre gut gerüstet. Wir verstehen uns als Systemmanager für das gesamte Energiesystem und nicht allein für den Stromsektor, sondern auch für Wärme und Verkehr. Dieser Ansatz wird als Sektorkopplung beschrieben. Hier sind die Stadtwerke Experten. Sie können Strom, Wärme, Wasser, Abwasser, Abfall und Verkehr verbinden und intelligente Ver- und Entsorgungskonzepte entwickeln.

Durch ihre Verankerung vor Ort sind sie der natürliche Kooperationspartner und Energiedienstleister für die Kommune, die angesiedelte Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger.


Wie sollte man sich überhaupt als kleines, mittleres, ja auch großes Stadtwerk gegenüber der vielfach gepriesenen Technologieoffenheit bei der Nutzung neuer Technologien, beispielsweise der Blockchain-Technologie, verhalten: auf den “Zug aufspringen”, zurückhaltend beobachten und geeignete Experten zu Rate ziehen oder die Bestandssicherung des eigenen Kundengeschäfts zum Maßstab aller Dinge machen?

Stadtwerke schauen sich wie alle anderen Unternehmen der Energiewirtschaft nach neuen Geschäftsfeldern um, um weitere Dienstleistungen für Kunden anbieten zu können. Potenzial bietet sicherlich die viel diskutierte Blockchain-Technologie. Wie bei anderen Technologien und neuen Geschäftsmodellen auch müssen die Stadtwerke schauen, was zu ihnen passt und wie sie es umsetzen können.

Die Stadtwerke Wuppertal haben als weltweit erster kommunaler Energieversorger 2017 einen auf Blockchain-basierten Handelsplatz für Ökostrom gestartet. Einige andere Stadtwerke wiederum kooperieren mit Unternehmen oder anderen Stadtwerken und heben so Synergieeffekte. Die Stadtwerke Schwabach beispielsweise planen in Kooperation mit der N-ERGIE aus Nürnberg, gewerblichen Kunden Dienstleistungen zu Wärme, Kälte, dezentraler Stromerzeugung, Licht und Mobilität anzubieten. Zudem legen sie gemeinsam sogenannte Bürgerkraftwerke auf. Das sind Photovoltaik-Projekte, an denen sich Strom- und Gaskunden beteiligen können.


Politik, so heißt es, benötigt Macht, um zu gestalten, und Macht setzt auch im Energiebereich Fakten. Setzt Politik diese Gestaltungskraft stets zielführend ein, beispielsweise in der Digitalisierung oder bei Mobilität und Verkehr?

Ein Glasfaseranschluss in jedem Haus, sei es in der Stadt oder auf dem Land, ist das Infrastrukturziel für 2025. Kommunale Unternehmen stehen für den Glasfaserausbau. Schon heute versorgen sie nahezu sechs Millionen Kunden mit „Highspeed- Internet“. Die städtischen Unternehmen bringen so die Chancen der Digitalisierung in Stadt und Land.

Ein anderer Aspekt ist ebenfalls wichtig. Lassen Sie es mich plakativ ausdrücken: Digitalisierung ist weitaus mehr als nur das Verlegen von Kabeln. Die Koalitionsparteien wollen Deutschland zu einem führenden Digitalland entwickeln. Zentral ist dafür etwa eine digitale Verwaltung – sie kann Vorbild für weitere digitale Dienste sein. Die Koalition verspricht, die Daten der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Das ist wichtig. Wichtig ist aber auch, dass der Weg in die datenbasierte Wirtschaft und Geschäftsmodelle für alle offen steht. Der VKU setzt sich deswegen für ein Datengesetz ein, das neben Open Data auch kostenpflichtige Daten klassifiziert. Nicht alle Daten sollten zum Nulltarif bereitstehen, vor allem weil der Infrastrukturausbau hoher Investitionen bedarf. Auf dieser Grundlage können kommunale Unternehmen neue Angebote und Services entwickeln.

Was die Mobilität der Zukunft betrifft: Wir haben mit vielen Bürgermeistern gemeinsam Elektromobilität konzeptionell in die Städte gebracht. So waren es häufig Stadtwerke, die die ersten öffentlichen Ladesäulen errichtet haben. Viele städtische Betriebe haben schon früh Elektrofahrzeuge angeschafft. Natürlich könnte man sagen, zwei, drei Säulen und ein paar Autos, das bringt nicht viel. Aber jede Veränderung braucht einen Anfang. Und es braucht Vorreiter, die zeigen, dass es geht. Von den aktuell 9.033 bei der Bundesnetzagentur registrierten öffentlichen Ladesäulen wurden weit über die Hälfte von kommunalen Unternehmen aufgestellt. Elektromobilität ist auch nur eine von vielen möglichen Antworten. Wir haben noch mehr, wie beispielsweise Wasserstoff- oder Erdgasantriebstechnologie, auch für große Fahrzeuge. Gas wiederum kann auch „grün“ sein, indem man beispielsweise Windenergie in Wasserstoff oder Methan umwandelt. Wir sollten in Deutschland möglichst viele saubere Technologien anbieten. Es gibt eine breite Angebotspalette. Ich wünsche mir, dass Politik die Vielfalt wieder stärker in den Blick nimmt..


Gegenwärtig wird viel über die Blockchain-Technologie gesprochen, mitunter ohne genauere Vorstellungen und das entsprechende Basiswissen, meist im Sinne einer Schlüsseltechnologie, mit der viele Markteilnehmer zur selben Zeit die gleiche Information zur Verfügung gestellt bekommen. Sehen Sie für die Energiewende darin ein kluges Anwendungsgebiet und einen Erfolgstreiber?

Die Blockchain und die Frage, wie sie den Energiemarkt verändern wird, beschäftigt die Branche. Die Technologie ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen Stromerzeugern und -verbrauchern ohne Intermediär. Sie hat das Potenzial, Transaktionen manipulationssicher, transparent und prozesseffizient abzuwickeln. Das könnte die Rolle aller Energieversorger im Wettbewerb völlig neu definieren. Wichtig ist es daher, die sich ergebenden Entwicklungen sehr genau zu beobachten, sich dieser Technologie zu nähern und zu nutzen, um damit mögliche neue Geschäftsmodelle zu testen.


Bedarf es auch künftig nationaler Player bei der Sicherung der Energieversorgung einer Volkswirtschaft oder kommt es infolge der stärkeren regionalen Antworten auf die Energiewende zu mehr Einfluss der sogenannten Graswurzelbewegung?

Die Struktur der neuen Energiewelt ist dezentral und auch die Stadtwerke sind dezentral über ganz Deutschland verteilt. Sie leisten ihren Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung und geben heute die Antworten auf die dringenden Fragen von morgen. Ein Beispiel: Während im Jahr 2000 lediglich rund 30.000 Anlagen Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz einspeisten, sind es inzwischen rund 1,6 Millionen. Das heißt: Heute sind in Deutschland 50 Mal so viele Anlagen am Netz wie vor 17 Jahren, Tendenz: steigend. Heute werden rund 97 Prozent der erneuerbaren Energien in die Stromverteilnetze eingespeist. Diese sind zum großen Teil in den Händen der Stadtwerke. Und die Verteilnetzbetreiber entwickeln Lösungen, um Angebot und Nachfrage nach Strom bereits auf lokaler Ebene in Ausgleich zu bringen. Warum? Damit die Probleme nicht in die höher gelagerten Netzebenen gelangen und dort teuer gelöst werden müssen.

Beruflicher Werdegang

1969 – 1972
Ausbildung Sozialversicherungsfachangestellter, Bundesanstalt für Arbeit

1973 – 1977
Zeitsoldat

1977 – 1979
Landesversorgungsverwaltung NRW

1979 – 1985
Studium Sozialwissenschaften, Ruhr-Universität Bochum

1985 – 1986
Vorstandsassistent Klöckner Werke Bremen

1986 – 1989
Leiter Grundsatzreferat ÖTV-Hauptvorstand

1989 – 1994
Referatsleiter ÖTV-Verbindungsbüro

1994 – 2001
Leiter ÖTV-/ver.di-Verbindungsbüro

2002
Geschäftsführer VKU-Hauptstadtbüro seit 2003 Stellv. Hauptgeschäftsführer des VKU

Tätigkeitsschwerpunkte:
Leiter der Abteilung Energiewirtschaft mit Koordination der Themenbereiche:

  • Energie-, Klimaschutz- und Umweltpolitik
  • kommunale Infrastrukturwirtschaft im Verhältnis zur Kommunalpolitik und zur Privatwirtschaft
  • Erzeugung ∙ Vertrieb/Handel/Beschaffung
  • Netzwirtschaft
  • Kontakte zu Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Parteien und Verbänden
  • Mitglied im Vorstand der CEDEC, dem europäischen Interessenverband der kommunalen Energiewirtschaft

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 13. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 17.04.2018, Teil 1 und 2 sowie ff) gibt aus Anlass des 14. Mitteldeutschen Energiegespräches Michael Wübbels, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VKU Verband Kommunaler Unternehmen e. V., in einer TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES Auskunft über Zukunftsszenarien in diesen Bereichen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

Für die nächste Phase der Energiewende wird die Fähigkeit zur kurzfristigen Verhaltensänderung auf Erzeugungs- und Verbrauchsseite entscheidend sei

Andreas Keil, Energy2market GmbH, Leipzig

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

Für die nächste Phase der Energiewende wird die Fähigkeit zur kurzfristigen Verhaltensänderung auf der Erzeugungs- und der Verbrauchsseite entscheidend sein (12*)

TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES/Interview mit Andreas Keil, Geschäftsführer der Energy2market GmbH in Leipzig

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?

Eine so generelle Frage lässt sich schwerlich kurz beantworten, ich werde es dennoch versuchen. Seit Beginn der Energiewende sind vor allem regenerative Erzeugungsanlagen in signifikantem Umfang in allen Größen und Technologien entstanden. Diese haben einen erstaunlichen Grad an Effizienz erreicht, der eine Förderung mehr und mehr überflüssig macht – das zeigen die letzten Auktionen.
Seit 2012 wurden diese Anlagen erfolgreich in die Energiemärkte integriert. Hier ist einerseits die Entstehung von Virtuellen Kraftwerken zu nennen, andererseits die Entwicklung exzellenter Prognosesysteme und eines funktionierenden und immer schneller reagierenden Intraday-Marktes. Daraus resultiert ein unglaublicher Zuwachs an Effizienz bei der Bewirtschaftung fluktuierender Portfolios sowie eine deutliche Dämpfung der Ausgleichsenergiepreise.

Zugleich stößt das Ungleichgewicht zwischen Angebotsleistung und benötigten Energiemengen immer stärker an die Kapazitätsgrenzen von Netzen, und die volle Flexibilität konventioneller Erzeuger wird benötigt, um die Versorgung sicherzustellen.
Dieser Zustand wird durch das Verhalten von Prosumern oder Entwicklungen wie der E-Mobilität noch verschärft. In dem Maße, wie die Konventionellen den Markt verlassen, stehen wir also vor der Herausforderung, dass die verbleibenden Erzeuger und Verbraucher flexibel auf das Angebot reagieren. Hierzu müssen sie ertüchtigt und angereizt sein.


Was müsste denn in den kommenden 3 bis 5 Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern?

Im Wesentlichen wird es darum gehen, die Flexibilität auf der Verbrauchsseite zu erhöhen und in diesem Zusammenhang alle Hemmnisse für diese Verhaltensänderung zu beseitigen. Hier geht es im Kern um alternative Modelle für den Umgang mit den Kosten aus Netznutzung sowie aus Steuern und Abgaben.


Politik, so heißt es, benötigt Macht, um zu gestalten, und Macht setzt auch im Energiebereich Fakten. Wie schätzen Sie dabei die Rolle der sogenannten Graswurzelbewegung ein, die infolge der Regionalisierung einzelner Prozesse der Energiewende teilweise an den Stellgrößen mitgestalten und damit Einfluss auf die Politik haben könnte?

Die vielzitierte Graswurzelbewegung beschreibt im Kern die systematische Auflösung klassischer Versorgungsstrukturen und Marktrollen, da praktisch jeder Verbraucher auch Energie erzeugen, speichern und weiterverkaufen kann. Basis dafür ist die Verfügbarkeit effizienter Technologien (Erzeugung, Steuerung, Kommunikation) in Verbindung mit einem materiellen Anreiz. Letzterer ist heute scheinbar objektiv durch die hohen Endverbraucherpreise gegeben.
Der Anreiz für die Graswurzelbewegung ist damit regulatorisch verursacht und jederzeit politisch gestaltbar. Dies könnte sich erst ab dem Moment ändern, an dem regenerative Erzeugung die kostengünstigste im Markt ist. Dann könnte die heute autonomiegetriebene Graswurzelbewegung in Verbindung mit Virtuellen Kraftwerken auch zunehmend nach Leistungen im Rahmen der Netz- und Versorgungssicherheit greifen.


Demgegenüber steht die Neuausrichtung der großen “Zwei” der deutschen Energiebranche. Sehen Sie hier gravierende Notwendigkeiten der Branche, ihre Strategien ebenfalls neu auszurichten?

Die von Ihnen liebevoll umschriebene Entstehung eines nationalen Champions mit internationalem Gewicht wird sicher Einfluss auf die künftige Energielandschaft in Deutschland haben. Die Notwendigkeit einer Neuausrichtung unserer Strategie leite ich daraus nicht ab, da diese sich ja auch heute nicht von der Strategie der genannten Unternehmen ableitet. Es wird vielmehr darauf ankommen, dass wir unsere Fähigkeit, schnell und effizient in Märkten zu agieren, weiter ausbauen. Hierin werden auch für den neuen Giganten die Herausforderungen nicht kleiner.


In diesen Tagen konnte man in den Medien (beispielsweise TAGESSPIEGEL – “Erneuerbare auf die Kette kriegen”) über die Zusammenarbeit von Energy2market mit der amerikanischen Energie-Blockchain-Plattform Swytch lesen. Was bedeutet für Sie Blockchain?

Blockchain ist zunächst einmal einfach eine Technologie, die es ermöglicht, Informationen in Echtzeit zu erfassen und allen Beteiligten sicher und unveränderbar zur Verfügung zu stellen. Das gibt uns die Möglichkeit, damit sensible Datenaustauschprozesse oder geschäftliche Transaktionen und Zahlungen unmittelbar, zuverlässig und zudem kostengünstig zu gestalten. In dem von Ihnen angesprochenen Projekt schaffen wir die Voraussetzungen für die unmittelbare und sichere Erfassung der Erzeugung grüner Energie. Dies lässt künftig beispielsweise eine direkte Belieferung von Verbrauchern aus grünen Erzeugungsanlagen zu.

Was ist dann mit Blockchain das Neue, was der herkömmliche Energiehandel so nicht leisten kann?

Alles und Nichts. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen zeigen. Erstes Beispiel: der Energiehandel erfolgt heute zumeist über Börsen, die als die wesentlichen Marktplätze fungieren. Daneben ist es natürlich auch möglich, bilateral Energiegeschäfte abzuschließen. Über Blockchain kann nun zwischen allen beteiligten Partnern ein Marktplatz geschaffen werden, der die Transparenz und Sicherheit einer Börse hat – ohne institutionell zu existieren. Die daraus erwarteten Kosteneinsparungen auf Seiten der Akteure werden mit bis zu 90% gegenüber heute erwartet.
Zweites Beispiel: Auch heute ist es möglich, dass ein Erzeuger seine Energiemengen direkt an einen Verbraucher liefert. Über Blockchain sind Direktliefermodelle denkbar, in denen Franz Mustermann den Überschussstrom der PV-Anlage auf seinem Einfamilienhaus an die WG seines Sohnes in der Stadt liefern kann. Welches Potential es für solche Geschäftsmodelle gibt, ist sicher eine diskussionswürdige Frage. Die niedrigen Transaktionskosten von Blockchain machen sie aber möglich.


Wenn der Technologieansatz darin besteht, sehr schnell Informationen auszutauschen, wäre denn dann die Blockchain-Technologie in ihrer Anwendung nicht sehr interessant für Netzbetreiber?

Ja, das wäre sie und es gibt hierzu bereits tiefer gehende Überlegungen und erste Projekte im Markt, die wir natürlich mit großem Interesse verfolgen.


Und hier kommt wieder die Politik ins Spiel, wie sollte sich denn die Politik, allgemein wird immer die Notwendigkeit der Technologieoffenheit bei der Gestaltung der Energiewende unterstrichen, in Sachen Regel- und Grenzen-Setzung verhalten?

Das ist eine ausgesprochen schwierige Frage, weil die meisten Regeln und Grenzen aus politisch initiierten Förder- und Steuerungsmechanismen resultieren, so dass es bei einer Änderung immer Gewinner und Verlierer gibt. Ausgehend von meinem Eingangsstatement, nach dem für die nächste Phase der Energiewende die Fähigkeit zur kurzfristigen Verhaltensänderung auf der Erzeugungs- und der Verbrauchsseite entscheidend sein wird, sollten Anreize für eben diese Verhaltensänderung bestehen und nutzbar sein. Diese können aus dem Markt oder geschaffenen Anreizmechanismen kommen. In jedem Fall sollten sie frei von jeder Technologiebindung sein.


Abschließend erlauben Sie bitte noch die Frage, wo sehen Sie denn bei alledem die weitere Entwicklung von Energy2market?

Als Aggregator sehen wir unsere Rolle darin, die Energie, die Flexibilität und die Interessen so vieler dezentraler Akteure wie möglich zu bündeln und zu deren Vorteil zu nutzen. Hierzu entwickeln wir eine skalierbare und offene Plattform, die auch Dritten für die Umsetzung ihrer Geschäftsmodelle offensteht.

Vita

Andreas Keil begann seine berufliche Karriere mit Beginn der Strommarkt-Liberalisierung 1999.
2002 trat er in das international tätige Stromhandelshaus EGL (heute AXPO) ein und wurde 2003 zum
Geschäftsführer der neugegründeten Tochter EGL Deutschland GmbH in Leipzig berufen.

In dieser Funktion war er maßgeblich am Aufbau des Deutschlandgeschäfts der EGL mit dem Schwerpunkt
Portfoliomanagement für Stadtwerke & Erzeuger beteiligt.

Mit dem Ziel, ein unabhängiges Handelshaus für erneuerbare Energie aufzubauen, gründete er 2009
die Energy2market GmbH mit Sitz in Leipzig und steht ihr seither als Geschäftsführer vor.

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 12. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 17.04.2018, Teil 1 und ff) gibt aus Anlass des 14. Mitteldeutschen Energiegespräches Andreas Keil, Geschäftsführer der Energy2market GmbH in Leipzig, in einer TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES Auskunft über Zukunftsszenarien in diesen Bereichen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

Vom kommunalen Einkaufspool zum deutschlandweiten Energiedienstleister

Dr. Steffen Rothe

20-jähriges Jubiläum der ENERGIEUNION GmbH, Schwerin

Vom kommunalen Einkaufspool zum deutschlandweiten Energiedienstleister (11*)

Interview mit Geschäftsführer Dr. Steffen Rothe/Jubiläumsfeier am 07. Juni 2018 in Schwerin

20 Jahre ENERGIEUNION – Wie sehen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens vom Händler zum Dienstleister in diesen zwei Jahrzehnten?

Als die ENERGIEUNION vor 20 Jahren gegründet wurde, begann zeitgleich eine neue sehr bedeutende Entwicklung ihren Lauf zu nehmen: Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland. So startete die ENERGIEUNION, neudeutsch als “Startup“ mit drei Mitarbeitern in einen bis dahin eher geschlossenen Insider-Markt.

Im Auftrag unserer damaligen Gesellschafter, drei ostdeutschen Stadtwerken und der Hamburger Kommunalfinanz GmbH, haben wir uns zunächst um die Verbesserung der Primärenergiekäufe von kommunalen Gaskraftwerken gekümmert. Diese Kraftwerke waren Mitte der 1990er Jahre Neuinvestitionen der Stadtwerke, und es galt, sie im sich liberalisierenden Energiemarkt trotz Lex VEAG und Überkapazitäten in der Stromproduktion in wirtschaftlichem Betrieb zu halten.

Wir bildeten 1998 den wohl ersten kommunalen Einkaufspool für Kraftwerksgas in Deutschland mit ca. 4,5 TWh und verbesserten deutlich den Primärenergieeinkauf. Das war der Beginn unserer Energie-Handelsaktivitäten.

Nach dem im Jahr 2000 erfolgten Gesellschafterwechsel, von der Kommunalfinanz GmbH zur norwegischen Hafslund ASA in Oslo, bauten wir mit deren Hilfe und Erfahrung unseren Stromhandel auf.
Mit dem erneuten Gesellschafterwechsel von Hafslund ASA zur niederländischen B.V. NUON in Amsterdam im Jahr 2002 bekamen wir ausreichend Handelsrahmen, dass wir sowohl unseren Stadtwerkegesellschaftern als auch anderen Stadtwerken und Einkaufsverbünden unser neu erworbenes Handelswissen und unsere Marktzugänge anbieten konnten. Dies war der Startschuss für unsere Handelsdienstleistungen wie Portfolio-, Risiko- und Bilanzkreismanagement und der Gründungsimpuls für unser BaFin-lizensiertes Tochterunternehmen EnergieFinanz GmbH, in welchem wir bis heute den gesamten Derivatehandel durchführen, das Treuhandvermögen unserer Kunden betreuen und die Handelsplattform für Strom und Erdgas betreiben.

Mit dem 2007 erfolgten Eigentümerwechsel von der B.V. NUON zur VNG – Verbundnetz Gas AG Leipzig konnten wir mit dem Aufbau des Gashandels und der Erweiterung der Dienstleistungen für das Gasgeschäft unserer Kunden beginnen.

Zu diesen überwiegend energiehandelsnahen Dienstleistungen bauten wir auf Wunsch unserer Portfoliomanagement-Kunden 2013 noch ein Energie-Service-Cloud-System auf, in welchem sie selbst als auch wir als Daten-Dienstleister sehr effizient den gesamten Energieliefer- und Abrechnungsprozess vom Zähler bis zum Bilanzkreis durchführen können.

In all den Jahren der Aufbauarbeit sind wir sehr gut damit gefahren, offen mit unseren Kunden unsere Energiemarkterfahrungen zu teilen und sehr gut zu zuhören, was genau ihr Problem ist, was sie von uns als Dienstleistendem erwarten und diese Dienstleistung dann schnell und vor allem effizient in unseren IT-Systemen umzusetzen.

Unsere Mitarbeiter arbeiten heute mit 135 Handelspartnern zusammen und betreuen täglich 54 verschiedene Gas- und Strom-Portfolien für Stadtwerke und Industriekunden. Zudem kümmern wir uns aktuell um mehr als 200.000 Zählpunkte im Liefer- und Abrechnungsprozess und, das möchte ich besonders betonen, alle diese Dienstleistungen erbringen nicht mehr als 20 hochengagierte Mitarbeiter im 24/7-Dienst.


Die ENERGIEUNION versteht sich als in der neuen Energiewelt als Energiedienstleister. Worauf gründet dies?

Nun, dieser Energiemarkt hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre enorm gewandelt. Da ich selbst viele Jahre Stromhändler war, möchte ich das beispielhaft am Strommarkt erläutern. Ich kann mich gut an den Sommer 2004 erinnern, in dem wir den Strom für den nächsten Tag in einem Bereich von 120 bis 200 EUR/MWh gehandelt und die hohen Peak-Preise für die betreuten GuD-Kraftwerke wesentlich das wirtschaftliche Überleben sichergestellt haben.

Heute kann es passieren, dass wir bei bestimmten Wetter- und Verbrauchslagen negative Strompreise bekommen und deshalb eine hohe Flexibilität im Kraftwerksbetrieb erforderlich ist.
Der Ausbau und Vorrang der EEG-Anlagen hat diese Entwicklung notwendig gemacht. Während wir vor 20 Jahren eine konventionell geprägte Stromproduktion aus Kernkraft, Kohle und Erdgas hatten, werden heute große Teile unseres Strombedarfs aus Windkraft, Solarenergie und Biogas gedeckt.
Es gibt heute reine Stromkunden aber auch eine wachsende Zahl von Verbrauchern, die eine eigene Solaranlage auf dem Dach haben und Strom für den Eigenbedarf produzieren oder ins Netz einspeisen. Der Strompreis für das Frontjahr war im Jahr 2000 bei ca. 20 EUR/MWh, erreichte 2008 86 EUR/MWh, im Jahr 2016 lag er wieder bei ca. 24 EUR/MWh und wird heute um 37 EUR/MWh gehandelt.

Und bei all diesen Preisbewegungen müssen unsere Stadtwerke- und Industriekunden ihre Produktions- und Verbrauchsportfolien profitabel führen, die Rentabilität ihrer Investitionen in neue Produktionsanlagen langfristig absichern, den rasant gewachsenen Datenbedarf für den Liefer-, Abrechnungs- und Berichtsprozess organisieren und die Neusetzung der politischen Rahmenbedingungen hin zur europäischen Energieunion im Auge behalten.

Da ist es sehr von Vorteil, wenn man sich auf spezialisierte Dienstleister wie unser Unternehmen verlassen kann, die mit ihrer langjährigen Erfahrung tagtäglich auf genau diese Problemstellungen fokussiert sind, die notwendigen Prozesse effizient managen und somit Risiken begrenzen bzw. Chancennutzung ermöglichen.


Kann Ihr Unternehmen bei den aktuellen Themen der Energiewende (Stichwort Sektor-Kopplung oder Speicherung oder Digitalisierung) einen Beitrag leisten?

Eindeutig ja. Die ENERGIEUNION ist ein 100%-Unternehmen der VNG-Gruppe, welche wiederum zum Unternehmensverbund der EnBW AG gehört. Somit können wir auf die jahrzehntelange Erfahrung der VNG AG in der europäischen Gaswirtschaft zurückgreifen und jederzeit ins Sparring der Ideen rund um die Energiewende mit unseren Kollegen in Leipzig und Karlsruhe gehen.

Wir als „kleines“ Unternehmen im Konzernverbund sind da mit unseren eigenen Börsen- und Brokerzugängen zum Gas- und Strommarkt, unserem Portfolio- und Risikomanagement –Systemen und unserem Energiedaten-Management aber ganz klar unabhängig gestellt.
Diese Unabhängigkeit des Agierens für unsere Kunden und unsere Weiterentwicklung als Dienstleister wird von unserem Gesellschafter sehr unterstützt.


Am 7. Juni 2018 laden Sie zu einer Jubiläumsveranstaltung nach Schwerin. Können Sie bitte schon ein wenig berichten, was die Besucher erwarten wird?

Zu unserer Jubiläumsveranstaltung haben wir unsere Kunden, Geschäftspartner und Gesellschafter eingeladen, die uns in den letzten 20 Jahren sehr gefördert aber auch sehr häufig herausgefordert haben. Ihnen möchten wir für ihre Unterstützung, ihre Ideen und jederzeitige Diskussionsbereitschaft Danke sagen.

Wir wollen aber nicht nur auf Vergangenes schauen, sondern auch über unseren Blick nach Vorn berichten. Wir sind Teil einer starken Konzerngruppe und wir haben strategische Ziele, wie wir unseren Beitrag zur Energiewende leisten, wie wir uns in neu entstehende Märkte hineinentwickeln und wie wir mit der Digitalisierung der Prozesse und der Arbeitswelt umgehen wollen.
Das sind Herausforderungen, wo wir gern unsere Lösungsvorschläge mit unseren Gästen diskutieren wollen. Besonders freue ich mich, dass wir mit unserem Energieminister in Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Christian Pegel, unserem Vorstandsvorsitzenden der VNG AG, Herrn Ulf Heitmüller und dem Leiter der Geschäftsentwicklung der EnBW AG, Herrn Manfred Haberzettel, im Energiewende-Prozess sehr engagierte Vortragende und Diskutanten für unsere Jubiläumsveranstaltung begeistern konnten.

Kurz-Vita

Geschäftsführer ENERGIEUNION GmbH
Allein-Geschäftsführer
seit Juli 2016

Geschäftsführer Handel, Vertrieb, Service, Technik
ENERGIEUNION GmbH
2012 – Juni 2016

Geschäftsführer
EnergieFinanz GmbH (BaFin-Lizensierte Wertpapierhandelsbank)
2008 – bis heute

Leiter Energiehandel / Prokurist ENERGIEUNION AG
2000 – 2012

Leiter Vertrieb / Prokurist ENERGIEUNION AG
1998 – 2000

Geschäftsführer FEUS Ingenieurprojekte GmbH & Co. KG
1996 – 2000

Wissenschaftlicher Leiter
Forschungszentrum Energie und Umwelt Schwerin e.V.
1994 – 1998

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen. Im 11. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 17.04. – Teil 1 – und 15.04.2018 ff) gibt aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums der Schweriner ENERGIEUNION GmbH deren Geschäftsführer Dr. Steffen Rothe Auskunft über Gründung und erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas

Thorsten Kasten,
Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas – Starke Stellung in der gaswirtschaftlichen Wertschöpfungskette bleibt bestehen und gründet auf Kostenoptimierung und operativer Performance (10*)

TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES/Interview mit Thorsten Kasten, Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?

Der Koalitionsvertrag enthält Licht und Schatten. Gerade im Energiebereich hätten wir uns mehr Technologieoffenheit gewünscht. Stattdessen liegt der Fokus fast allein immer noch auf dem Ausbau der Erneuerbaren. Aus unserer Sicht sollte die Bundesregierung vielmehr das eigentliche Ziel der Energiewende – nämlich kostengünstig CO2 zu reduzieren – in den Mittelpunkt stellen. Wie das Ganze dann bewältig wird, sollte den Bürgern und der Wirtschaft überlassen bleiben. Die Formulierungen im Bau-Kapitel gehen hier mit guten Beispiel voran. Technologieoffenheit und die Kosten sind hier zentrale Prämissen, um die Energiewende voranzubringen.


Was müsste denn in den kommenden 3 bis 5 Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern?

Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch vom Bürger akzeptiert ist. Eine immer komplexere Gesetzgebung und steigende Kosten überfordern Unternehmen und Haushalte. Wir plädieren daher dafür, dass die Bundesregierung sich mehr auf die Rahmensetzung konzentriert und nicht bis in die Details steuernd eingreift. Stattdessen sollte CO2 als Leitwährung für die Bewertung und Förderung aller Energiewende-Maßnahmen gelten. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung von Ihrem Credo Abstand nimmt, dass die Energiewende nur dann gelingt, wenn Strom in allen Sektoren Einzug hält.

Gas und die Gasinfrastruktur sind aus unserer Sicht wesentliche Elemente des Energiesystems der Gegenwart und der Zukunft. Dazu gehört auch das Thema Power-to-Gas, verbunden mit der Entwicklung synthetischer Gase oder Wasserstoff. Ich freue mich daher, dass die Bundesregierung das Thema infrastrukturelle Sektorenkopplung weiter vorantreiben möchte. Ein echter Erfolg wäre es zum Beispiel, wenn in Zukunft die Netzentwicklung der Strom- und Gasinfrastruktur gemeinsam und abgestimmt vorangebracht wird.


Sie leiten den Bereich Neue Themen & Retail innerhalb der VNG-Gruppe und sind für das Zukunftsdenken im VNG-Konzern verantwortlich. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der VNG-Gruppe? Hat die VNG-Gruppe aus heutiger Sicht zur Meisterung der Herausforderungen die richtige Aufstellung?

Mit unserer Strategie VNG 2030+ haben wir uns als VNG-Gruppe zukunftsfähig positioniert. Wir haben uns in der Erarbeitung intensiv mit unserem Umfeld, den Megatrends sowie den Entwicklungen der Energiewende hinsichtlich des Energieträgers Gas beschäftigt und eine Antwort formuliert. VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas.


Können Sie das bitte ein wenig konkreter erläutern?

Kern von VNG 2030+ ist, dass wir über unsere klassischen Geschäftsbereiche Exploration & Produktion, Handel & Vertrieb, Transport und Speicher eine starke Stellung in der gaswirtschaftlichen Wertschöpfungskette halten. Der Fokus liegt hier auf der Kostenoptimierung und der operativen Performance. Wir wollen dabei die Potentiale des Energieträgers Gas noch stärker zum Gelingen der Energiewende herauszustellen und unsere Kompetenzen einbringen. Darüber hinaus ist es das Ziel, Wachstumschancen in angrenzenden Geschäftsfeldern zu identifizieren und diese konsequent zu nutzen. 2017 haben wir deshalb intensive Aktivitäten in den Geschäftsfeldern Biogas, digitale Infrastruktur und Quartierslösungen aufgenommen.

Gibt es Beispiele, wo die VNG-Gruppe Treiber ja Trendsetter in Sachen Energiewende ist?

Digitalisierung, Energieeffizienz und Zusatzprodukte neben der Commodity für unsere Kunden sind bei VNG stärker in den Fokus gerückt. In diesem Zuge haben wir in 2017 ein eigenes kleines Start-Up gegründet, welches sich mit eben diesen Themen beschäftigt. Dieses Unternehmen mit dem Namen effizienzcloud GmbH steht als digitale Plattform für einen Marktplatz für Effizienzprodukte. Die Idee ist hier, KMUs die Suche nach Effizienzprodukten zu vereinfachen, sie vergleichbar zu machen und direkt zu bestellen. Diese Plattform kann bei der Umsetzung der Energiewende einen positiven Anschub geben.


Nun zeichnen sich, getrieben durch E.ON SE und RWE AG, gravierende Veränderungen in der Energielandschaft ab. Muss die Branche, müssen Sie in der VNG-Gruppe dadurch umdenken, ihre Konzepte ändern und neu ausrichten oder anpassen?

Unabhängig von diesem Vorgang, den wir natürlich sehr aufmerksam verfolgen, muss VNG den eingeschlagenen Weg mit der Strategie VNG 2030+ weitergehen. Dabei sehen wir uns bereits in einzelnen neuen Geschäftsfeldern um. Kooperationen auch mit Kommunen werden hier zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Als Beispiel sei hier noch einmal die VNG ViertelEnergie GmbH genannt, die Quartierslösungen für Kommunen konzipiert und gemeinsam mit dem Partner Tilia umsetzt.


Gegenwärtig wird viel über die Blockchain-Technologie gesprochen, mitunter ohne genauere Vorstellungen und das entsprechende Basiswissen, meist im Sinne einer Schlüsseltechnologie, mit der viele Markteilnehmer zur selben Zeit die gleiche Information zur Verfügung gestellt bekommen. Sehen Sie für die Energiewende darin einen Erfolgstreiber?

Blockchain ist mehr als Krypto-Währungen. In einer Blockchain werden Daten in einem geschlossenen Bereich allen Beteiligten zeitgleich zur Verfügung gestellt. Nehmen wir einmal das Beispiel einer energieautarken Quartierslösung. In diesem Quartier sind verschiedene Energieerzeugungsanlagen, wie PV, Biogas etc. sowie Speicher und eine Vielzahl von Abnehmern in einem Kreislauf verbunden. Hier kann die Blockchain, das Abnahmeverhalten und die jeweiligen Energiequellen optimal steuern und bei Bedarf Rechnungen erstellen und und und. Somit kann und wird Blockchain die Energiewende unterstützen. Denn die Datenströme werden immer umfangreicher, sodass einen „einfache“ Automatisierung nicht mehr ausreichend ist.


Gibt es in der VNG-Gruppe konkrete Ansatzpunkte für die Nutzung der Blockchain-Technologie?

VNG beschäftigt sich in einer gruppenweiten Arbeitsgruppe mit dem Thema Blockchain. Hier geht es im Speziellen darum zu erörtern, welche Anwendungsfälle für die Energiebranche relevant sind. Konkret sind dies für uns zunächst Themen rund um Mieterstrom – quasi als Energiewende im eigenen Haus.

VITA

2017
LEITER NEUE THEMEN UND RETAIL
VNG AG, Leipzig
Verantwortlich für den Innovationsprozess und die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern

GESCHÄFTSFÜHRER effizienzcloud GmbH
Marktplattform für Energieeffizienzprodukte

2016
LEITER PRODUKTSTEUERUNG
VNG AG, Leipzig

2012-2016
LEITER PORTFOLIOMANAGEMENT
VNG AG, Leipzig

2009-2012
LEITER PORTFOLIOBASIERTE RETAILKUNDEN
RWE Vertrieb AG, Dortmund

2004-2009
LEITER VOLUMENGESCHÄFT UND LOGISTIK
RWE Westfalen Weser Ems, Dortmund

SEIT 1995
DIVERSE POSITIONEN IN DER ENERGIEBRANCHE<

AUSBILDUNG RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Diplom Ingenieur Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung „Strömungstechnik“

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 10. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 15.04.2018 ff) gibt aus Anlass des 14. Mitteldeutschen Energiegespräches Thorsten Kasten, Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG, in einer TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES Auskunft über Zukunftsszenarien in diesen Bereichen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

Energieversorgung der Zukunft in der Form miteinander verbundener Zellen und Inseln sowie nationalen Playern?

Dr. Volker Breisig, PwC

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

Energieversorgung der Zukunft in der Form miteinander verbundener Zellen und Inseln sowie nationalen Playern? (9*)

TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES/Interview mit Dr. Volker Breisig, PwC

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?

Die Energiewende ist kein Selbstzweck. Deutschland hat sich ambitionierte Ziele für den Umbau der Energieversorgung gesetzt, um den Ausstieg aus der Kernkraft und die deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen (THG) über alle Sektoren hinweg realisieren zu können. Ersteres ist auf einem guten Weg. Bezüglich der THG-Reduzierung bin ich skeptisch. Wir haben unsere Ziele nicht erreicht, und hier muss noch einiges passieren. Aus meiner Sicht hätten Union und SPD die Klimaziele für 2020 nicht infrage stellen dürfen. Es wäre vielmehr an der Zeit gewesen, transparent darzustellen, in welchen Handlungsfeldern mehr Aktivitäten erforderlich sind und wie das angegangen werden soll.


Was müsste denn in den kommenden 3 bis 5 Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern, wenn man auf das 2-Grad-Ziel und die damit verbundene CO₂-Reduzierung schaut?

Vieles! Bevor man sich allerdings auf die vielen Details stürzt, sollte vor allem die grundsätzliche Strategie geklärt werden. Ich habe aktuell den Eindruck, dass die Chancen und auch die Notwendigkeit der Energiewende zu wenig in den Vordergrund gestellt werden. Gemäß einer umfangreichen Delphi-Studie, die wir gemeinsam mit dem BDEW und der GIZ durchgeführt haben, wird eine moderne und nachhaltige Energiewirtschaft mit möglichst geringen THG-Emissionen ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Positionierung von Volkswirtschaften sein. Zunächst mal ist daher wichtig, dass sich die Politik klar zur Energiewende bekennt und deren Notwendigkeit erklärt.
Darüber hinaus haben wir zu wenig Markt. Viele Entscheidungen für oder gegen Investitionen im Strommarkt sind durch politische Vorgaben, Umlagen usw. getrieben. Das kann sich nur ändern, wenn ein gemeinsamer Strommarkt für alle Arten der Erzeugung und Flexibilitäten (bspw. durch Speicher) geschaffen wird. Wir sollten dazu die Kosten für Investoren und die Preise für Verbraucher wieder in einen direkten Zusammenhang bringen und schlagen dafür u.a. den Übergang zu einer anderen Preisstruktur vor. Langfristige Entscheidungen für die Errichtung aber auch die Inanspruchnahme von Erzeugern/Verbrauchern aller Art sollten durch einen Preis für Leistung (kW) angereizt werden. Alle kurzfristigen Entscheidungen hingegen sollen nach der in Anspruch genommenen Arbeit (kWh) abgerechnet werden. Dadurch könnte der Arbeitspreis von den vielen Umlagen, Steuern usw. befreit werden und deutlich sinken. Bei zunehmend erneuerbar erzeugten Strom würde ein geringerer Arbeitspreis dazu führen, dass dieser auch stärker für andere Sektoren wie Wärme und Mobilität genutzt werden würde. Dies wäre dann auch ein echter Beitrag zur Sektorkopplung und zur CO₂-Reduzierung.


Sehen Sie im internationalen Vergleich auch künftig Deutschland als einen Treiber und damit als eine Lokomotive bei der Gestaltung und Umsetzung der Energiewende?

Ich glaube, dass Deutschland seine Rolle als Lokomotive verloren hat. Wir sollten aber versuchen diese Rolle wieder zurück zu erobern und das auch wahrnehmbar kommunizieren. Die Energiewirtschaft wird in den kommenden Jahren weltweit viele Innovationen und intelligente Lösungen entlang der Wertschöpfungskette nachfragen. Energiewende hört ja nicht bei Windkraft und PV auf. Wir sollten deutlicher als bisher herausstellen, dass die Bereiche Energiespeicherung, Energiemanagement, Energieeffizienz, Smart Grids usw. ebenso wichtige Bausteine unserer Energiewende sind und unsere Lösungen fit für den Weltmarkt machen.


Nun zeichnen sich, getrieben durch E.ON SE und RWE AG, gravierende Veränderungen in der Energielandschaft in Deutschland ab. Muss die Branche dadurch umdenken, ihre Konzepte ändern und neu ausrichten oder anpassen?

Die beiden Unternehmen reagieren auf eine Energiewirtschaft, die sich bereits gravierend verändert hat und stärken ihre Handlungsfähigkeit für die Herausforderungen der Zukunft. Beide Unternehmen haben die Folgen der Energiewende in besonders intensiven Maße gespürt und sind dadurch vermutlich sehr sensibel bzgl. künftiger Marktanforderungen. Ich denke, dass jeder Energieversorger ebenso intensiv die eigene Positionierung im Markt und die künftige Ausrichtung analysieren muss und dann daraus konsequente Entscheidungen ableiten sollte. Ich denke aber auch, dass diese Entscheidungen in einem zunehmend vielfältiger werdenden Markt unternehmensindividuell unterschiedlich ausfallen werden.

Sind insbesondere die klassischen Versorger, die Stadtwerke, für die im Markt und im technologischen Bereich stattfindenden gravierenden Umwälzungen gut gerüstet, um die Zukunft erfolgreich zu meistern?

Die Energiewende hat das bisherige System insbesondere in der Stromversorgung nachhaltig verändert. Strom geht nicht mehr von wenigen zentralen Kraftwerken erst in die Übertragungsnetze und dann über die Verteilnetze zum Nutzer. Laut unserer Delphi Studie könnte die Energieversorgung der Zukunft die Form einer Zellenstruktur annehmen: miteinander verbundene Zellen und „Inseln“ von der Größe einer Stadt oder Quartieren beziehen ihre Energie aus Sonne, Wind, Speichern und geringer konventioneller Reserve. Der Strommarkt wird geprägt sein durch hohe Auflösung, leistungsgemessene Kunden und “real time pricing“. Die Stadtwerke aber auch andere branchenfremde Unternehmen sind dafür sicherlich noch nicht umfassend aufgestellt. Das wäre auch erstaunlich, da der Wettbewerb darum, wer welche Rolle übernehmen wird, gerade erst Fahrt aufnimmt. Von den Rahmenbedingungen her haben die Stadtwerke jedoch aus meiner Sicht eine sehr gute Ausgangsposition, um sich als Dreh- und Angelpunkt für die Energiewende vor Ort zu positionieren.


Bedarf es auch künftig nationaler Player bei der Sicherung der Energieversorgung einer Volkswirtschaft oder kommt es infolge der stärkeren regionalen Antworten auf die Energiewende zu mehr Einfluss der sogenannten Graswurzelbewegung?

Beides ist wichtig. Die oben erwähnte Zellenstruktur muss auch übergeordnet gemanagt werden und dafür sind nationale Player, die am besten aber auch einen internationalen Stellenwert haben, von großer Bedeutung. Die neuen Herausforderungen in den Bereichen Wärme, Mobilität und Digitalisierung erfordern nationale Player, die auf Augenhöhe mit anderen Wettbewerbern und Marktpartnern die Entwicklung nach vorne treiben können. Dabei wird vor allem auch auf europäischer Ebene die Kooperation mit den Marktpartnern sowohl in regulierten als auch in nicht regulierten Segmenten noch wichtiger werden als heute.


Politik, so heißt es, benötigt Macht, um zu gestalten, und Macht setzt auch im Energiebereich Fakten. Setzt Politik diese Gestaltungskraft stets zielführend ein, beispielsweise in der Digitalisierung oder bei Mobilität und Verkehr?

Aus meiner Sicht sollte Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und ansonsten möglichst auf Marktmechanismen vertrauen und nur dort, wo es nicht anders geht konkret eingreifen Ich habe bei uns jedoch eher den Eindruck, dass die Politik sehr häufig auch in untergeordneten Fragestellungen über Vorgaben und konkrete Maßnahmen eingreift. Dabei verlieren wir die klare Zielrichtung in den inzwischen sehr komplexen Rahmenbedingungen und Regelwerken. Dies gilt auch für Mobilität und Verkehr. Hätten wir im Hinblick auf eine echte Sektorenkopplung zwischenzeitlich Rahmenbedingungen für günstigeren Strom geschaffen, dann brauchten wir keine gesonderten Kaufprämien für E-Autos.


Gegenwärtig wird viel über die Blockchain-Technologie gesprochen, mitunter ohne genauere Vorstellungen und das entsprechende Basiswissen, meist im Sinne einer Schlüsseltechnologie, mit der viele Markteilnehmer zur selben Zeit die gleiche Information zur Verfügung gestellt bekommen. Sehen Sie für die Energiewende darin ein kluges Anwendungsgebiet und  einen Erfolgstreiber?

Die Technologie befindet sich in einer frühen Phase, kann jedoch zukünftig deutliche Strukturveränderungen in der Energiewirtschaft bewirken. Eine flächendeckende Verbreitung der Blockchain in der Energiewirtschaft ist in den nächsten Jahren noch nicht abzusehen, da dafür u.a. erhebliche regulatorische Anpassungen erfolgen müssen.


Wie sollte man sich überhaupt als kleines, mittleres, ja auch großes Stadtwerk gegenüber der vielfach gepriesenen Technologieoffenheit, bei der Nutzung neuer Technologien, beispielsweise der Blockchain- Technologie, verhalten, auf den “Zug aufspringen”, zurückhaltend beobachten und geeignete Experten zu Rate ziehen oder die Bestandssicherung des eigenen Kundengeschäfts zum Maßstab aller Dinge machen?

Die Initiierung von Pilotprojekten ist bereits mit überschaubaren Aufwand heute möglich und liefert ein Verständnis über mögliche Anwendungsfälle. Wir würden das durchaus empfehlen, da sich vor allem auf Quartiersebene interessante Modelle testen lassen.

Herr Dr. Breisig ist Partner bei PwC im Bereich Utilities & Regulation (U&R) in unserer Niederlassung in Düsseldorf.

Herr Dr. Breisig hat Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen an der RuhrUniversität Bochum studiert. Seine Promotion hat er im Bereich Maschinenbau abgeschlossen.

Projekterfahrung

Herr Dr. Breisig verfügt über eine mehr als 17-jährige Berufserfahrung im Energiesektor. Seit seinem Eintritt bei PwC im Jahr 2000 berät er Energieversorgungs- und Industrieunternehmen sowie Branchenverbände zu diversen energiewirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und technischen Fragestellungen. Er betreut zudem seit vielen Jahren Arbeitsgemeinschaften, in denen sich zahlreiche Stadtwerke zusammengeschlossen haben.

Herr Dr. Breisig hat umfangreiche Projekterfahrung entlang der gesamten energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Der aktuelle Schwerpunkt der Tätigkeiten ist die Beratung von Energieversorgungsunternehmen bei der Anpassung von Geschäftsmodellen auf die Herausforderungen der Energiewende. Er und sein Team begleiten u.a. diverse Projekte in den Themenfeldern Energieerzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung, Gaskraftwerke), Energiespeicher (Power To Gas, Erdgasspeicher), Energieeffizienz und Verbrauchssteuerung. Aktuelle Beratungsprojekte auf der Netzbetreiberseite sind die Erstellung von Kosten-Nutzen-Analysen für den Netzentwicklung und die Begleitung von Verteilnetzbetreibern bei der Sicherstellung der Systemstabilität.

Herr Dr. Breisig ist darüber hinaus für das Thema ganzheitliches Energiemanagement (GEM) bei Industrieunternehmen und für den PwC Energiewendeoutlook zuständig. Ein Auszug seines Mandantenportfolios beinhaltet unter anderem multinational agierende Firmen aus der Energiebranche wie RWE, E.ON, Vattenfall, Gaspool, Net Connect Germany sowie zahlreiche Stadtwerke und Industrieunternehmen.

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 9. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 22.03.2018 ff) gibt aus Anlass des 14. Mitteldeutschen Energiegespräches Dr. Volker Breisig, Partner bei PwC PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in einer TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES Auskunft über Zukunftsszenarien in diesen Bereichen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

Gespräch mit der Künstlerin Jana Liebe

Jana Liebe

“Ich bin anspruchsvoller geworden, was die Qualität der Pinsel, Farben und Leinwände betrifft. Über Kreativität denke ich nicht nach, sie ist einfach da oder nicht.”(8*)

Weitere Künstlerin in der Galerie des Verlags Vi-Strategie/Im Gespräch mit JANA LIEBE

Mit einer weiteren sehr interessanten Künstlerin bereichert ab heute der Verlag Vi-Strategie sein Galerie-Programm: JANA LIEBE

„Jana Liebe”, so die Dipl.-Gemälderestauratorin Sonja Bretschneider, „spielt mit Formen, Farben und Strukturen intuitiv auf der Leinwand. Ihre eigenen, oft kaleidoskopischen Kompositionen entstehen durch die Transformation ihrer Gedanken- und Lebenswelt und finden dadurch ihren ganz besonderen künstlerischen Ausdruck.“.

AKTUELLES hatte Gelegenheit, mit der Künstlerin, die in Weimar wohnt, ein Interview zu führen.

Wann haben Sie mit Ihrer Kunst begonnen?

In meiner Jugend und während meines Auslandsaufenthaltes in Prag habe ich viel mit Bleistift, Kohle und Kreide gezeichnet, zur Malerei bin ich erst 2010 gekommen.


Was bedeutet Kunst für Sie?

Ein wunderbarer Ausgleich und die Verbindung zu mir selbst.


Ist es eher Arbeit oder Leidenschaft?

Leidenschaft.


Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

Intuitiv, farbenfroh, kontrastreich.


Wer oder was inspiriert Sie?

Menschen, Momente, Begegnungen, Orte, Bauwerke, Landschaften, meist sind es nur kleine Details.

Haben Sie Ihre Motive im Kopf, wenn Sie beispielsweise Ihren Stift in die Hand nehmen?

Beim Zeichnen ja, beim Spachteln und Malen nein.


Wie wichtig ist das richtige Equipment? Oder ist Kreativität wichtiger als das Equipment?

Ich bin anspruchsvoller geworden, was die Qualität der Pinsel, Farben und Leinwände betrifft. Über Kreativität denke ich nicht nach, sie ist einfach da oder nicht.


Was ist Ihr aktuelles künstlerisches Projekt?

Lassen Sie sich überraschen…


Gibt es ein Kunstwerk in Ihrem Leben, das Sie besonders beeindruckt hat?

Da gibt es viele. Spontan fallen mir die van Gogh-Gemälde mit ihrer enormen Leuchtkraft in Amsterdam oder die Domfenster von Chagall in Merz ein. Der Brücke-Maler Kirchner und die Bauhäusler Kandinsky und Klee haben mich definitiv beeinflusst. Und auch, wenn die Renaissance nicht meine favorisierte Epoche ist, kann ich mich der kraftvollen Wirkung der originalen Raffael- und Michelangelogemälde, wie sie zum Beispiel in London oder im Vatikan zu sehen sind, nicht entziehen.

Werke

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 8. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 14.03.2018 ff) gibt die in Weimar wohnende Künstlerin JANA LIEBE Auskunft über Ihr künstlerisches Schaffen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19.04.2018 in Leipzig

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

Energiewende – Lau oder mit Verve?

Tour d´Horizon zum Stand der Energie-, Wärme-, und Mobilitätswende

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch widmet sich einer Sachstandsbeschreibung der Energie-, Wärme-, und Mobilitätswende anhand der politischen Notwendigkeiten des Koalitionsvertrages. Am 12. März 2018 wurde der Koalitionsvertrag, Grundlage für die am 14. März 2018 neu gewählte Bundesregierung, unterschrieben. Über 8.340 Zeilen (oder 184 Seiten) beschreiben künftig-angestrebtes Regierungshandeln der kommenden 3,5 Jahre. 199 Zeilen, knapp drei Seiten widmen sich dem Kapitel Energie.

Diskutieren Sie mit Experten das Thema in angenehmer Atmosphäre.

Nähere Einzelheiten zum Gespräch sowie den organisatorischen Ablauf entnehmen Sie bitte dem Flyer.
Diesen können Sie HIER ansehen.

Blockchain-Technologie im Schuldscheingeschäft

Partner der Mitteldeutschen Energiegespräche/ Interview mit Oliver Fern

Blockchain-Technologie im Schuldscheingeschäft (7*)

LBBW-Strategie bei Digitalisierung zweigleisig/Künftig Regionalvorstand „Unternehmenskunden Ost/Südost“ mit Sitz in Leipzig

Oliver Fern

Herr Fern, Ihr Unternehmen wird demnächst mit Namens- und Logo-Änderung den wohl abschließenden Schritt der Integration in die LBBW vollziehen. Was bedeutet das für den mitteldeutschen Raum?

Die Region Mitteldeutschland ist für den LBBW-Konzern nach wie vor von großer Bedeutung und ein zentraler Wachstumsmarkt. Leipzig bleibt wichtiger Zentralstandort des Konzerns. Die Sachsen Bank war ohnehin schon integraler Bestandteil des LBBW-Konzerns. Mit der Auflösung der Sachsen Bank zum 31. März strafft die LBBW nun ihre Konzernstruktur und vereinheitlicht ihren Markenauftritt.

Das Unternehmenskundengeschäft in Mitteldeutschland wird künftig unter dem Namen LBBW firmieren, das Private Vermögensmanagement läuft bereits seit Herbst letzten Jahres bundesweit unter dem Namen der BW-Bank. Dies ist ein sichtbares Zeichen einer konzernweit konsistenten Geschäftspolitik – und die Bank zeigt sich damit nun auch regional in Mitteldeutschland mit der Stärke und Präsenz ihrer Marken LBBW und BW-Bank.


Können Sie bitte in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Situation Ihres Unternehmens ein wenig würdigen. Bekanntlich ist Leipzig eine der wirtschaftlich dynamischsten Regionen Deutschlands. Spürt man das auch im Bankengeschäft?

Wir sind stark am Markt, als Teil eines leistungsfähigen Konzerns breit aufgestellt und verfügen über hohe Kompetenz im Finanzierungs-, Anlage-, Immobilien- und Kapitalmarktgeschäft. Dadurch können wir das nachhaltige Wachstum unserer Kunden verlässlich und konsequent begleiten. Gleichzeitig unterstützen wir unsere Unternehmenskunden dabei, ihre Geschäftsrisiken zu minimieren und zu managen – bei der Erschließung neuer Märkte, Finanzierung oder Transaktionen.
Der mitteldeutschen Wirtschaft geht es gut bis sehr gut. Sachsen und Thüringen stehen in der Spitzengruppe der Länder beim Wachstum. Sachsen zählt zu den innovativsten Regionen Europas und Thüringen wächst schneller als der Bundesdurchschnitt. Wir spüren das im Kreditgeschäft.


Dennoch bedarf es eines konsequenten Kostenmanagements. Rasante Veränderungen im Bankenumfeld wie Digitalisierung sind vorprogrammiert. Wie ist hier der Stand in Ihrem Unternehmen, wie bereiten Sie zudem die Kunden darauf vor.

Die LBBW selbst geht bei der Digitalisierung zweigleisig voran. Zum einen nutzen wir, wo immer es sinnvoll ist, die Ressourcen der Sparkassenfamilie nach dem Wechsel auf OS-Plus.
Im Unternehmenskundengeschäft setzen wir bei der Digitalisierung auf eigene Entwicklungen. So etwa bei der Blockchain-Technologie im Schuldscheingeschäft. Nach der ersten Schuldschein-Emission via Blockchain mit Daimler haben wir jetzt eine zweite Transaktion mit Telefónica Deutschland erfolgreich abgeschlossen. Damit untermauern wir als Marktführer im Schuldscheingeschäft den Anspruch, auch bei Innovationen voran zu gehen.

Nicht zuletzt nutzen wir verstärkt unsere kompakte Größe, um Entscheidungswege zu verkürzen und die Zusammenarbeit zwischen unseren Einheiten deutlich zu verbessern. Unsere Antwort heißt: mehr Agilität, und zwar sowohl in der Organisation als auch bei jedem einzelnen Mitarbeiter. Als Vorbild dienen uns dabei unsere mittelständischen Kunden, die bewiesen haben, dass sie »Wandel können«.


Ihr Verantwortungsbereich wird sich mit neuer Unternehmensstruktur erweitern. Können Sie bitte dazu Näheres mitteilen?

Ich werde künftig als Regionalvorstand von Leipzig aus das neue Dezernat „Unternehmenskunden Ost/Südost“ leiten. Hierzu gehören neben den neuen Bundesländern und Berlin dann auch der Bereich Unternehmenskunden Bayern mit den Wachstumsmärkten Bayern und Österreich. Auch dort wird das Unternehmenskundengeschäft dann unter dem Namen LBBW auftreten.

Ausbildung und beruflicher Werdegang
1990 – 1992
Lehre zum Bankkaufmann bei Deutsche Bank AG, Bonn

1993 – 1999
Berufsbegleitendes Studium der Bankbetriebslehre an der Bankakademie Köln, Abschluss als Diplom-Bankbetriebswirt (BA)

1998 – 2001
MBA-Studium am Ashridge Management College, London

1992 – 1993
Referent Privatkunden, Deutsche Bank AG, Bonn

1993 – 1995
Referent Firmenkunden, Deutsche Bank AG, Bonn

1995 – 1998
Firmenkundenbetreuer, Deutsche Bank AG, Brüssel

1998 – 2007
Firmenkundenbetreuer, Large Caps, Deutsche Bank AG,
Frankfurt am Main inkl. Auslandseinsatz drei Monate
Deutsche Bank AG, New York

2007 – 2008
Leitung der Region Mitte für den Öffentlichen Sektor,
Deutsche Bank AG, Frankfurt

2008 – 2009
Aufbau und Leitung eines Teams Öffentlicher
Sektor zur Entwicklung und Umsetzung strategischer
Vertriebsinitiativen

2009 – 2011
Aufbau und Leitung eines Teams zur Entwicklung
von bundesweiten Vertriebsinitiativen für die
mittelständische Firmenkundschaft

2011 – 2013
Mitglied der Geschäftsleitung Bayern Nord und
Leiter des Marktgebietes Nürnberg für die
mittelständische Firmenkundschaft, Deutsche Bank AG,
Nürnberg

seit 10/2013
Sachsen Bank, Leipzig

seit 01/2014
Vorstand Sachsen Bank, Leipzig

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 7. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 04.03.2018 ff) gibt der künftige LBBW-Regionalvorstand „Unternehmenskunden Ost/Südost“ mit Sitz in Leipzig Auskunft über die Strategie seines Unternehmens. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)