Referenten der EAST Energy And Storage Technologies am 16./17.09.2019 in Erfurt (16): Vortrag über Speicher in der Cloud
Batteriespeicher müssen mehrere und vorrangig lokale Business Cases erfüllen.
Jost Broichmann: Viele Batteriespeicherprojekte stützten sich bei der Refinanzierung in den letzten Jahren auf Frequenzstabilisierung. Diese Erlösquelle ist aber eingebrochen und aktuell nur noch als Teil einer Erlösstrategie zu sehen.

Am 16./17. September 2019 startet die erste EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference im CongressCenter der Erfurter Messe.
In loser Folge interviewt im Vorfeld AKTUELLES Redner, die in den verschiedenen Workshops mit ihren Themen zum Gelingen der EAST beitragen.
Heute gelten die Fragen Jost Broichmann, der im Workshop IKT / Digitale Vernetzung intelligenter Speicher über Speicher in der Cloud berichtet.
Herr Broichmann, Sie sind Projektleiter bei der WEMAG AG. Diese ist ein Ökoenergieanbieter. Erläutern Sie dies genauer.
Die WEMAG ist ein kommunaler Energieanbieter in West-Mecklenburg und Nord-Brandenburg. Der Versorger bietet mehr als nur Ökostromprodukte an. In der WEMAG-Strategie sind die 5 Säulen Regenerative Erzeugung, Speicherung, intelligente Netze, Effizienz und nachhaltige Strom/-Gasprodukte die Schlüsselgeschäftsfelder für eine nachhaltige Daseinsvorsorge.
Als Pionier der Speicherbranche nahm die WEMAG 2014 das erste kommerzielle Batteriespeicher-Kraftwerk Europas mit einer Leistung von 5 MW in Betrieb. In unserem Netzgebiet sind wir Vorreiter der Energiewende, die für Deutschland geplante 80%ige Versorgung mit erneuerbarem Strom haben wir bereits 2015 aufgrund der hohen lokalen EEG-Einspeisung erreicht.
Welche Projekte haben Sie bisher betreut?
Für die WEMAG und deren Tochterunternehmen Batteriespeicher Schwerin GmbH & Co. KG hauptsächlich Speicherprojekte wie WBS (Wemag Batterie Station), Routecharge (verteilte LKW-Batteriewechselstationen) und VTK (virtuelles Kraftwerk).
Nebenbei sind Sie auch oft als Keynote-Speaker unterwegs. Können Sie hier einige Beispiele ihrer Vorträge sowie Veranstaltungen nennen?
Die verbindenden Elemente meiner Tätigkeiten sind oft Software und Automatisierung, daher findet sich eine breite Themenvielfalt wie “Künstliche Intelligenz in der Onlinekommunikation” (Energieforen Leipzig), „Vermarktung von Post-EEG Anlagen“ (GutachterRing), „regulation and emerging business models for storages in Germany and France“ (European Institute for Energy Research) in meinem Portfolio.
Zur EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference am 16. und 17. September 2019 im CongressCenter der Erfurter Messe werden Sie als Referent im Workshop IKT / Digitale Vernetzung intelligenter Speicher über Speicher in der Cloud berichten. Hierbei geht darum, dass dezentrale Batteriespeicher von Energieversorgern und Industrie gemeinsam einen Großspeicher-Pool bilden, wobei einzelne Speicher den Pool für lokale Anwendungen verlassen können. Erklären Sie dies explizierter.
Viele Batteriespeicherprojekte stützten sich bei der Refinanzierung in den letzten Jahren auf Frequenzstabilisierung. Diese Erlösquelle ist aber eingebrochen und aktuell nur noch als Teil einer Erlösstrategie zu sehen. Daher müssen Batteriespeicher mehrere und vorrangig lokale Business Cases erfüllen. Um sich teilweise an den Regelenergiemärkten zu refinanzieren, treten die Speicher einem Pool für z.B. Primärregelleistung bei. Ist aber der lokale Anwendungsfall wichtiger, wird dieser ausgeführt und die fehlende Regelleistung aus einer anderen Anlage erbracht.
Welche Vorteile entstehen, ihrer Meinung nach, durch dieses System beziehungsweise Verfahren?
Die verteilten Speicher können für das Netz in Summe die Funktion eines großen Kraftwerks abbilden, die Ressourcen werden jedoch verteilt, so dass sich lokale Netzengpässe besser beheben lassen können.
Die Investitionen werden ebenfalls aufgeteilt, teilweise von Industriekunden oder EEG-Anlagenbetreibern die so ihre lokalen Anwendungen mit Netzdienstleistungen cofinanzieren können.
Insgesamt ergeben sich volks- und betriebswirtschaftliche Vorteile.
Wer übernimmt die zentrale Steuerung?
Dazu entwickeln wir gerade ein System, welches Funktionen von virtuellen Kraftwerken beinhaltet, sich aber eng mit dem lokalen Netzleitsystem austauscht. Die WBS ist prinzipiell in jedes VTK-System einbindbar, das 60870-5-104 unterstützt.
Bewerten Sie abschließend die Rolle von Energiespeichern im Gesamtkontext der Energiewende.
Neben Erzeugung und Verteilung bilden Energiespeicher die dritte wichtige Säule im Energiesystem, daher ist die Rolle aus unserer Sicht bisher nicht ausreichend in den gesetzlichen Rahmenbedingungen verankert.


Das WEMAG-Batteriekraftwerk in Schwerin Lankow. Fotos: WEMAG, unter www.wemag.com
Kurzvita
Jost Broichmann absolvierte sein BWL-Studium mit Fokus auf Umwelt-/ Verfahrenstechnik sowie Marketing und spezialisierte sich auf Logistik- und Energiewirtschaft. Nach Stationen im Hamburger Hafen (u.a. für Nordstream-Pipeline) ist er seit 2009 beim Schweriner Öko-Energieversorger WEMAG in verschiedenen Positionen u.a. Projektentwicklung, Innovation, PR und Vertrieb tätig. Der 2010 rekommunalisierte Versorger entwickelt Geschäftsfelder und innovative Lösungen zur Stromspeicherung oder Elektromobilität. 2014 nahm die WEMAG Europas ersten kommerziellen 5 MW-Batteriespeicher in Betrieb, der 2016 auf 10 MW erweitert wurde. Mit der selbstentwickelten 1 MW WEMAG Batteriestation treibt das Unternehmen die Installation von Speichern im Verteilnetz voran. Jost Broichmann ist darüber hinaus Geschäftsführer der Plasti Dip Europe GmbH, einem Kunststoffproduzenten für die Isolation von elektrischen Bauteilen und Sensoren.