VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas

Thorsten Kasten,
Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG

14. Mitteldeutsches Energiegespräch am 19. April 2018 in Leipzig

VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas – Starke Stellung in der gaswirtschaftlichen Wertschöpfungskette bleibt bestehen und gründet auf Kostenoptimierung und operativer Performance (10*)

TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES/Interview mit Thorsten Kasten, Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG

Das 14. Mitteldeutsche Energiegespräch unternimmt eine TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES. Wie würden Sie bitte den gegenwärtigen Stand einschätzen?

Der Koalitionsvertrag enthält Licht und Schatten. Gerade im Energiebereich hätten wir uns mehr Technologieoffenheit gewünscht. Stattdessen liegt der Fokus fast allein immer noch auf dem Ausbau der Erneuerbaren. Aus unserer Sicht sollte die Bundesregierung vielmehr das eigentliche Ziel der Energiewende – nämlich kostengünstig CO2 zu reduzieren – in den Mittelpunkt stellen. Wie das Ganze dann bewältig wird, sollte den Bürgern und der Wirtschaft überlassen bleiben. Die Formulierungen im Bau-Kapitel gehen hier mit guten Beispiel voran. Technologieoffenheit und die Kosten sind hier zentrale Prämissen, um die Energiewende voranzubringen.


Was müsste denn in den kommenden 3 bis 5 Jahren oder in der noch verbleibenden gegenwärtigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages parlamentarisch auf den Weg gebracht werden, um den Erfolg des Gesamtprojektes zu sichern?

Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch vom Bürger akzeptiert ist. Eine immer komplexere Gesetzgebung und steigende Kosten überfordern Unternehmen und Haushalte. Wir plädieren daher dafür, dass die Bundesregierung sich mehr auf die Rahmensetzung konzentriert und nicht bis in die Details steuernd eingreift. Stattdessen sollte CO2 als Leitwährung für die Bewertung und Förderung aller Energiewende-Maßnahmen gelten. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung von Ihrem Credo Abstand nimmt, dass die Energiewende nur dann gelingt, wenn Strom in allen Sektoren Einzug hält.

Gas und die Gasinfrastruktur sind aus unserer Sicht wesentliche Elemente des Energiesystems der Gegenwart und der Zukunft. Dazu gehört auch das Thema Power-to-Gas, verbunden mit der Entwicklung synthetischer Gase oder Wasserstoff. Ich freue mich daher, dass die Bundesregierung das Thema infrastrukturelle Sektorenkopplung weiter vorantreiben möchte. Ein echter Erfolg wäre es zum Beispiel, wenn in Zukunft die Netzentwicklung der Strom- und Gasinfrastruktur gemeinsam und abgestimmt vorangebracht wird.


Sie leiten den Bereich Neue Themen & Retail innerhalb der VNG-Gruppe und sind für das Zukunftsdenken im VNG-Konzern verantwortlich. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der VNG-Gruppe? Hat die VNG-Gruppe aus heutiger Sicht zur Meisterung der Herausforderungen die richtige Aufstellung?

Mit unserer Strategie VNG 2030+ haben wir uns als VNG-Gruppe zukunftsfähig positioniert. Wir haben uns in der Erarbeitung intensiv mit unserem Umfeld, den Megatrends sowie den Entwicklungen der Energiewende hinsichtlich des Energieträgers Gas beschäftigt und eine Antwort formuliert. VNG 2030+ heißt: grün, digital, mit Gas.


Können Sie das bitte ein wenig konkreter erläutern?

Kern von VNG 2030+ ist, dass wir über unsere klassischen Geschäftsbereiche Exploration & Produktion, Handel & Vertrieb, Transport und Speicher eine starke Stellung in der gaswirtschaftlichen Wertschöpfungskette halten. Der Fokus liegt hier auf der Kostenoptimierung und der operativen Performance. Wir wollen dabei die Potentiale des Energieträgers Gas noch stärker zum Gelingen der Energiewende herauszustellen und unsere Kompetenzen einbringen. Darüber hinaus ist es das Ziel, Wachstumschancen in angrenzenden Geschäftsfeldern zu identifizieren und diese konsequent zu nutzen. 2017 haben wir deshalb intensive Aktivitäten in den Geschäftsfeldern Biogas, digitale Infrastruktur und Quartierslösungen aufgenommen.

Gibt es Beispiele, wo die VNG-Gruppe Treiber ja Trendsetter in Sachen Energiewende ist?

Digitalisierung, Energieeffizienz und Zusatzprodukte neben der Commodity für unsere Kunden sind bei VNG stärker in den Fokus gerückt. In diesem Zuge haben wir in 2017 ein eigenes kleines Start-Up gegründet, welches sich mit eben diesen Themen beschäftigt. Dieses Unternehmen mit dem Namen effizienzcloud GmbH steht als digitale Plattform für einen Marktplatz für Effizienzprodukte. Die Idee ist hier, KMUs die Suche nach Effizienzprodukten zu vereinfachen, sie vergleichbar zu machen und direkt zu bestellen. Diese Plattform kann bei der Umsetzung der Energiewende einen positiven Anschub geben.


Nun zeichnen sich, getrieben durch E.ON SE und RWE AG, gravierende Veränderungen in der Energielandschaft ab. Muss die Branche, müssen Sie in der VNG-Gruppe dadurch umdenken, ihre Konzepte ändern und neu ausrichten oder anpassen?

Unabhängig von diesem Vorgang, den wir natürlich sehr aufmerksam verfolgen, muss VNG den eingeschlagenen Weg mit der Strategie VNG 2030+ weitergehen. Dabei sehen wir uns bereits in einzelnen neuen Geschäftsfeldern um. Kooperationen auch mit Kommunen werden hier zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Als Beispiel sei hier noch einmal die VNG ViertelEnergie GmbH genannt, die Quartierslösungen für Kommunen konzipiert und gemeinsam mit dem Partner Tilia umsetzt.


Gegenwärtig wird viel über die Blockchain-Technologie gesprochen, mitunter ohne genauere Vorstellungen und das entsprechende Basiswissen, meist im Sinne einer Schlüsseltechnologie, mit der viele Markteilnehmer zur selben Zeit die gleiche Information zur Verfügung gestellt bekommen. Sehen Sie für die Energiewende darin einen Erfolgstreiber?

Blockchain ist mehr als Krypto-Währungen. In einer Blockchain werden Daten in einem geschlossenen Bereich allen Beteiligten zeitgleich zur Verfügung gestellt. Nehmen wir einmal das Beispiel einer energieautarken Quartierslösung. In diesem Quartier sind verschiedene Energieerzeugungsanlagen, wie PV, Biogas etc. sowie Speicher und eine Vielzahl von Abnehmern in einem Kreislauf verbunden. Hier kann die Blockchain, das Abnahmeverhalten und die jeweiligen Energiequellen optimal steuern und bei Bedarf Rechnungen erstellen und und und. Somit kann und wird Blockchain die Energiewende unterstützen. Denn die Datenströme werden immer umfangreicher, sodass einen „einfache“ Automatisierung nicht mehr ausreichend ist.


Gibt es in der VNG-Gruppe konkrete Ansatzpunkte für die Nutzung der Blockchain-Technologie?

VNG beschäftigt sich in einer gruppenweiten Arbeitsgruppe mit dem Thema Blockchain. Hier geht es im Speziellen darum zu erörtern, welche Anwendungsfälle für die Energiebranche relevant sind. Konkret sind dies für uns zunächst Themen rund um Mieterstrom – quasi als Energiewende im eigenen Haus.

VITA

2017
LEITER NEUE THEMEN UND RETAIL
VNG AG, Leipzig
Verantwortlich für den Innovationsprozess und die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern

GESCHÄFTSFÜHRER effizienzcloud GmbH
Marktplattform für Energieeffizienzprodukte

2016
LEITER PRODUKTSTEUERUNG
VNG AG, Leipzig

2012-2016
LEITER PORTFOLIOMANAGEMENT
VNG AG, Leipzig

2009-2012
LEITER PORTFOLIOBASIERTE RETAILKUNDEN
RWE Vertrieb AG, Dortmund

2004-2009
LEITER VOLUMENGESCHÄFT UND LOGISTIK
RWE Westfalen Weser Ems, Dortmund

SEIT 1995
DIVERSE POSITIONEN IN DER ENERGIEBRANCHE<

AUSBILDUNG RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Diplom Ingenieur Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung „Strömungstechnik“

(*In loser Folge bittet der Verlag Vi-Strategie unter der Rubrik AKTUELLES Experten, Zeitzeugen und Persönlichkeiten der Zeitgeschichte um Antwort zu allgemein-interessierenden Fragen.
Im 10. Interview (Sehen Sie bitte auch AKTUELLES vom 15.04.2018 ff) gibt aus Anlass des 14. Mitteldeutschen Energiegespräches Thorsten Kasten, Leiter Neue Themen & Retail der VNG AG, in einer TOUR D´HORIZON ZUM STAND DER ENERGIE-, WÄRME-, UND MOBILITÄTSWENDE ANHAND DER POLITISCHEN NOTWENDIGKEITEN DES KOALITIONSVERTRAGES Auskunft über Zukunftsszenarien in diesen Bereichen. NACHDRUCK OHNE GENEHMIGUNG NICHT GESTATTET.)